Nach Klage gegen EA – So funktioniert Glücksspiel in Videospielen

EA Sports drohen hohe Strafzahlungen für den FIFA-21-Modus Ultimate Team. Die Anklage der niederländischen Glücksspielkommission mit dem Vorwurf des Glücksspiels schlägt hohe Wellen. Doch Glücksspielmechanismen sind auch in zahlreichen anderen Videospielen auf unterschiedlichste Weise vertreten.

Ein Gericht in den Niederlanden hat in der vergangenen Woche gegen EA eine Geldstrafe von 500.000 Euro verhängt. Grund dafür ist, dass die niederländische Glücksspielbehörde die im Spiel FIFA enthaltenen Lootboxen als Glücksspiel wertet. Diese muss EA aus dem Spiel entfernen. Geschieht das nicht, muss das Unternehmen so lange wöchentlich 500.000 Euro zahlen, bis der Inhalt entfernt wurde. Die Strafe kann auf maximal fünf Millionen Euro anwachsen.

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Wie ist es um Lootboxen und FIFA-Packs in Deutschland bestellt? Dazu muss die rechtliche Grundlage betrachtet werden, denn in Deutschland wird gesetzlich zwischen dem echten und simulierten Glücksspiel unterschieden.

FIFA fällt in Deutschland in die Kategorie simuliertes Glücksspiel

Echtes Glücksspiel basiert auf drei Kriterien: Dem zufälligen Ereignis, dem Einsatz von Geld und einer Möglichkeit, durch das Ergebnis selbst Geld zu gewinnen. Echtes Glücksspiel ist nicht jugendfrei und wird in Deutschland daher jenseits des Jugendschutzgesetzes durch den Glücksspiel-Staatsvertrag geregelt.

Als simuliertes Glücksspiel sind Mechaniken gemeint, die Glücksspiel lediglich simulieren, jedoch erfüllen sie nicht die oben genannten Kriterien für echtes Glücksspiel und sind deshalb auch nicht für Kinder und Jugendliche untersagt.

Laut juristisch festgelegten Kriterien für Glücksspiel, die bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) unter “Simuliertes Glücksspiel und Jugendschutz” eingeordnet sind, fällt der FUT-Modus in Deutschland in die Kategorie des simulierten Glücksspiels.

Geldgewinne sind in Spielen wie FIFA 21 nicht möglich. Denn der Verkauf von Ingame-Inhalten wie Spielerkarten von Ultimate Team oder Münzen für Echtgeld ist verboten. Trotzdem gibt es einen illegalen Zweitmarkt für FIFA-Gegenstände, auf dem Inhalte für Echtgeld verkauft werden.

Pay2Win kratzt am Ruf von Sportsimulationen

Simuliertes Glücksspiel und Pay2Win-Faktor sind in FIFA trotzdem eine fragwürdige Symbiose eingegangen. Denn wer schnell ein Topteam auf dem virtuellen Rasen haben möchte, muss in die FIFA Packs mit Echtgeld investieren. Gerade im Esport ist entscheidend, wie schnell die Topspieler in FIFA zur Verfügung stehen, um an der Spitze der Esport-Profiszene mithalten zu können. Wer das nicht macht, hat in FIFA einen Wettbewerbsnachteil in der Weekend League und weiteren Turnieren von FUT Champions.

Wer auf Glück in FIFA setzt, hat selbst nach tagelangem Spielen und dem somit mühsamen Anhäufen von Ingame-Münzen keinerlei Garantie auf eine hochwertige Karte aus den Gold- oder Promo-Packs, die das eigene Team für den Wettkampf in FIFA gezielt verbessert.

Den offiziellen Angaben von EA Sports zufolge, beträgt die Wahrscheinlichkeit lediglich 4,3 Prozent, um eine Karte mit mindestens 84er-Gesamtwertung aus einem Premium Gold Pack zu bekommen. So ein Pack kostet 45.000 Münzen. Umgerechnet kostet das 600 FIFA Points und somit knapp 5,50 Euro. Der Wahrscheinlichkeit nach müssten knapp 100 Euro ausgegeben werden, um eine gute Chance auf eine Spielerkarte mit 84er-Gesamtwertung oder höher zu bekommen.

Profispieler, die in der Regel von ihren Vereinen, Organisationen und Sponsoren finanziert werden, bekommen vierstellige Geldsummen zur Verfügung gestellt, um ein Topteam zusammenstellen zu können. Private Spieler indes müssten ihr eigenes Vermögen einbringen.

Lootboxen in CS:GO und Dota 2

In Videospielen wie Counter-Strike: Global Offensive ist das Anhäufen eines Vermögenswertes möglich. Denn die Inhalte der kaufbaren Lootboxen dürfen beispielsweise auf dem Steam Community Market verkauft und gekauft werden. Echtgeld abschöpfen können die Spieler allerdings davon nicht, sondern es immer nur einbringen. Sowohl das Spiel als auch die Plattform werden von Entwickler Valve kontrolliert.

Neben dem Steam Community Market existiert für Counter-Strike ein Zweitmarkt, in dem Echtgeld den Besitzer wechseln kann. Gegenstände werden dort für hunderte bis tausende Euro gehandelt. So gesehen könnte der Kauf von Lootboxen in CS:GO als Glücksspiel betrachten werden, weil die drei genannten Glücksspiel-Kriterien erfüllt werden. Gleiches gilt für das MOBA Dota 2, ebenfalls von Valve. In Ländern wie Belgien sind Lootboxen bereits verboten.

Allerdings fällt der Wertgewinn von Lootboxen in Deutschland nicht unter echtes Glückspiel, weil laut der USK die gewonnenen Gegenstände „über Drittanbieter“ gehandelt werden. Die Spiele-Entwickler selbst sind nicht für die Preise verantwortlich, sondern der Zweitmarkt. Ein klar erkennbares Glücksspiel wäre beispielweise ein Online-Casino, in welchem der Einsatz und die Gewinnausschüttung direkt über den Anbieter erfolgt.

Laut einem Bericht der Welt zu einer noch unveröffentlichten Studie der Universität Hamburg „überlegt die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten, sogenannte Lootboxen in Videospielen zu verbieten.“ Sollte der Fall eintreten, könnten zahlreiche Glücksspielinhalte erst für Teilnehmer ab 18 Jahren freigegeben werden. Allerdings würde sich am Zugang der Spiele selbst voraussichtlich nichts ändern.

Der Faktor Pay2Win spielt bei Spielen wie CS:GO und Dota 2 keine Rolle. Denn bei den Käufen von Lootboxen handelt es sich um kosmetische Aufwertungen, die lediglich die Optik von Gegenständen verändert.

Weitere Spiele wie das derzeit erfolgreiche RPG Genshin Impact bieten ebenfalls ein Lootbox-System an – in diesem Genre eher als Gacha bekannt. Bestimmte Charaktere sind exklusiv über das Gebetssystem erhältlich, was ausschließlich auf Zufall und Glück basiert. Teilweise betragen Chancen auf einen bestimmten Charakter nur 0,6 Prozent. Ingame-Währung kann für Gebete erspielt, jedoch auch mit Echtgeld schnell aufgestockt werden. Vor allem der Sammelaspekt wirkt hierbei, so viele wie möglich oder sogar sämtliche Charaktere zu besitzen.

Sonderweg für Kartenspiel Hearthstone

Wie das Glücksspielgesetz umgangen wird, zeigt Blizzard mit dem Online-Kartenspiel Hearthstone. Wie in modernen Sammelkartenspielen oder auch in FIFA Ultimate Team können in Hearthstone Erweiterungs-Packs mit zufälligen Spielkarten gekauft werden. In China ist das bereits verboten, woraufhin sich Blizzard einen Trick einfallen lassen hat.

Das investierte Echtgeld wird nicht direkt in Packs umgewandelt, sondern zunächst in die Ingame-Währung umgewandelt. Den Unterschied zu den FIFA Points von EA Sports macht der Zusatz, dass beim Kauf der Ingame-Währung ein Geschenk mit Kartenpacks hinzukommt. In diesem Fall wird das Geld nicht mehr direkt für die Packs ausgegeben, sondern nur für die Ingame-Währung. So wird das chinesische Glücksspielgesetz umgangen.

Es geht auch ohne Glücksspiel

Videospiele, vor allem Free2Play-Titel, können auch ohne Glücksfaktor erfolgreich sein und ein wahrer Geldsegen für Entwickler werden. So setzt das populäre MOBA League of Legends mit Verkäufen von beispielweise Ingame-Skins insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar um. Das ist das Resultat der Studie von dem Marktwirtschaftsunternehmen SuperData.

Champions in League of Legends können mit unterschiedlichen Skins gespielt werden – wie hier Ahri mit dem Skin der virtuellen K-Pop-Band K/DA. (Quelle: Riot Games)

 

Der Battle-Royale-Riese Fortnite kommt ebenfalls ohne Wahrscheinlichkeitssysteme aus und bietet wie LoL zahlreiche Skins für Ingame-Währung an. Die sogenannten V-Bucks können für echtes Geld gekauft werden. Im Jahr 2019 generierte Fortnite laut SuperData 1,8 Milliarden US-Dollar Umsatz.

Video: Erné (FeelFIFA) beim BVB – Reingeschwitzt! Podcast

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Bildquelle: EA Sports
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