Der Esport in Deutschland und seine Probleme

Gaming in Deutschland wächst stetig, ebenso der Esport. Über 34 Millionen Videospielerinnen und -spieler gibt es in der Bundesrepublik. Trotzdem fehlen notwendige Schritte, um den digitalen Sport in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren. Die Politik steht unter Zugzwang.

„In dieser Legislaturperiode bleibt nur noch wenig Zeit, wenn CDU, CSU und SPD ihre Versprechen aus dem Regierungsprogramm einhalten wollen“, mahnt Felix Falk, Geschäftsführer des game – Verband der deutschen Games-Branche. Tatsächlich verbleibt der jetzigen Bundesregierung nur etwas mehr als ein Jahr. Zu den offenen Versprechen gehört vor allem ein Thema: ein Vereins- und Verbandsrecht.

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Trotz konkretem Koalitionsvertrag: Politik zögert bei Esport-Förderung

In den vergangenen Jahren rückte die Forderung nach der Gemeinnützigkeit für Vereine mit Esport-Angebot immer mehr in den Fokus. Zurecht. Denn bislang ist die Bundesregierung ihren Beschlüssen hinterhergewandert. So steht in der 19. Legislaturperiode geschrieben: „Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.“

Doch wann wird dieses Unterfangen tatsächlich zur Realität? Besonders im Jahr 2020 wird deutlich, dass der gesellschaftliche Stellenwert des Gamings und auch des Esports als Unterhaltungsmedium deutlich mehr ist als nur eine Nische. Ein Vorteil ist auch die teilweise örtliche Ungebundenheit bei Online-Formaten. Im Gegensatz dazu zeigt die CDU/CSU weniger Fingerspitzengefühl und geht lediglich auf die Förderungen von Sportsimulationen wie FIFA oder PES ein, ähnlich wie der DOSB noch ein Jahr zuvor, bis sich diese Ansicht von Seiten des DOSB selbst in Luft auflöste.

Gemeinnützigkeit in Vereinen ist grundlegend für die Esport-Basis

Sollten nur Sportsimulationen gefördert werden, sind Titel wie League of Legends klar benachteiligt, die zusammen über 90 Prozent am Gesamtmarkt ausmachen. Die Kritik von offiziellen Seiten ist dementsprechend groß, auch bei Felix Falk im offiziellen Statement: „Eine künstliche Teilung des Esports anhand von Genres führt an der weltweiten Realität der Esport-Kultur vorbei. Damit hilft man nicht den Vereinen, sondern schadet Deutschland als Esport-Standort.“

Zudem ist der Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz ein Hindernis, um Schritt mit der voranschreitenden Digitalisierung und somit auch der Entwicklung im Esport zu halten. “Statt moderne Jugendschutzansätze, die sich längst bewährt haben, zu unterstützen und weiterzuentwickeln, werden funktionierende Säulen des deutschen Jugendschutzes wie die Alterskennzeichen geschwächt”, sagt Felix Falk im Gespräch mit esports.com. Vor allem die Stärkung der Selbstkontrollen und ein stärkerer Fokus auf die Vermittlung von Medien- und Digitalkompetenz müssten erfolgen.

Esport im Vereinswesen als Anker der Selbstkontrolle

Im Zusammenhang mit der Gemeinnützigkeit für Vereine mit Esport-Angeboten könnten einige Teile des Jugendschutzgesetzes geändert werden. In einem geordneten Vereinsleben sind feste Zeiten inklusive Förderungen für Kinder- und Jugendliche gewährleistet. Der mangelnde soziale Aspekt, der dem Esport- und Gaming-Bereich gerne angekreidet wird, wäre damit auch zu einem gewissen Teil aufgehoben.

Warum die Gemeinnützigkeit ebenfalls so wichtig ist: Mit sich ziehende Steuerbefreiungen würden Vereinen eine deutlich bessere Perspektive bieten und keinen Druck verspüren lassen, sobald der Esport im eigenen Klubhaus betrieben wird. Auch das wirkt einer flächendeckenden Kommerzialisierung des Esports entgegen und lässt Ehrenämter zu.

Projektförderungen und Spenden sind ebenfalls möglich, um zusätzliches Engagement im Esport für Vereine zu finanzieren. Vor allem die Esport-Basis braucht diesen Schritt, um sich organisch zu entwickeln und aufbauen zu können.

Negativ-Beispiel: Bundesligisten beenden Esport-Engagement

Sollte sich der Esport nicht organisch für Vereine aufbauen können, drohen risikohafte Investitionen, die sich oftmals nicht auszahlen. Traurige Beispiele an dieser Stelle sind der VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld. Beide Bundesligisten haben ihre Esport-Abteilungen geschlossen. Der Grund sind vermutlich fehlende Einnahmen des Ligabetriebs aufgrund der Corona-Pandemie.

Ein anderes Beispiel bietet der FC Schalke 04, der aufgrund der vergangenen Monate unter starken Finanzsorgen gelitten hatte. Das millionenschwere S04-Profiteam in League of Legends sei laut Esport-Chef Tim Reichert jedoch nicht beeinträchtigt. Auf Nachfrage bestätigte Reichert, dass Königsblau auch im Jahr 2021 im Esport aktiv sein wird. Dennoch wird deutlich, dass große Esport-Investitionen in Deutschland aufgrund der politischen Lage noch nicht die Möglichkeiten haben, wie sie es mit mehr Unterstützung haben könnten.

Positive Beispiele geben Hoffnung

Es war nicht alles schlecht. Ein großes Plus geben Visa-Vorteile seit dem 1. März 2020 für Esportler, wodurch eine Einreise und ein Aufenthalt ermöglicht werden. Der ESBD forcierte die Bemühen für das deutsche “eSport-Visum” und konnte es realisieren.

Vor allem Deutschland als Standort hat mit Turnieren wie beispielsweise mit der ESL One Cologne und der LEC zwei absolute Topveranstaltungen zu bieten. Hinzu kommt die gamescom als Mekka der Gamingindustrie. Diese Infrastruktur gilt es zu bewahren und auszubauen – mit der notwendigen Hilfe der Politik. Das Bestehen im internationalen Wettbewerb kann auf dieser Ebene somit gewahrt bleiben.

Der Esport könnte zudem bei den European Games 2022 in München neue Aufmerksamkeit erhalten, auch wenn der Beschluss noch aussteht. Den Schritt begrüßt unter anderem Hans Jagnow, Präsident des eSport-Bund Deutschland. Kommunale Förderung gehört aber auch dazu. Vorreiter ist das Bundesland Schleswig-Holstein, welches ein Esport-Landeszentrum errichtet hat.

Die anstehende Gamescom, die vom 27. bis zum 30. August online veranstaltet wird, gilt als Hoffnungsschimmer zur weiteren Kommunikation der Branche mit politischen Instanzen. So sind laut game-Verband bei der digitalen Eröffnung unter anderem dabei: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer – der ebenfalls für die Games-Förderung verantwortlich ist, Digitalstaatsministerin Dorothee Bär und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet. Sie sprechen mit Felix Falk über die nächsten Schwerpunkte der deutschen Games-Unternehmen und weiteren Aspekten wie dem deklarierten Leitthema „Spielend in die Zukunft“.

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Bildquelle: ESL – Helena Kristiansson
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