PES-Profi Mike Linden im Gespräch: Zur Vorstellung als DFB-Nationalspieler grüßt Philipp Lahm

Mike Linden gehört seit 15 Jahren zur Welt-Elite in Pro Evolution Soccer. Gekrönt wird seine Karriere mit der Berufung als Nationalspieler für den DFB. Im Interview mit esports.com spricht der Westfale über die Berufung ins DFB-Team, seinen Werdegang zum PES-Topspieler und die Probleme mit den Spielerwerten in der Pro League.

Gerade erst aus Barcelona zurückgekehrt, hat PES-Profi Mike Linden schon wieder einen Arbeitstag am Montag hinter sich gebracht, erzählt er im Interview mit esports.com. „Strapaziös“ nennt der Spieler des FC Schalke 04 die Wochenenden, an denen er unterwegs ist zu den Spielen der PES Pro League. Dort spielen neben Schalke die europäischen Top-Vereine FC Barcelona, Juventus Turin und der FC Bayern München.

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Allerdings läuft es nicht gut in der eFootball.Pro League für die Königsblauen. Derzeit rangieren sie nach zehn Spieltagen auf dem letzten Tabellenplatz. Das liegt nicht etwa an der Spielschwäche der Schalker Esportler, sondern an dem Modus. „Die Spieler der Mannschaften sollten sich auf einem angeglichen  Niveau befinden“, sagt Linden. „Einige Teams haben Kicker in ihren Reihen, die einen Abschlusswert von über 90 haben, Spieler anderer Mannschaften liegen mit Werten von 84 deutlich darunter.”

Dominierendes Trio kennt sich seit Kindheit

Deshalb können die Schalker ihr bevorzugtes Offensivspiel nicht aufziehen. „Wir haben mit Abstand die wenigsten Tore. Das entspricht nicht meiner Philosophie von PES. Ich gewinne ein Spiel lieber 5:4 als 1:0“, sagt Linden. Dass die Schalker aktuell über diese Situation hörbar angefressen sind, wird im Interview deutlich. Der Verein habe bereits darauf reagiert und die unausgeglichenen Werte bei Konami bemängelt.

Dass ein letzter Tabellenplatz dem Potential des Schalker PES-Teams nicht entspricht, wird mit einem Blick in die Historie der Fußball-Simulation deutlich. Mike “EL_Matador” Linden ist ein gestandener Spieler in Pro Evolution Soccer. Andere würden wohl sagen: eine Legende. Mit den Brüdern Matthias “GoooL” Winkler und Dennis “wide” Winkler gehört der Remscheider seit über 15 Jahren zur PES-Elite in Deutschland und der Welt. Dennis Winkler hat sich aus dem Esports zurückgezogen und die Königsblauen verlassen. Seitdem spielt Mehrab “MeroMen” Esmailian als Dritter im Bunde bei Schalke 04.

Linden und die Winkler-Brüder kennen sich seit Kindheitstagen aus dem Örtchen Lennep im Bergischen Land. Das Trio dominierte die nationale Szene ab Mitte der 2000er nach Belieben. „Wir haben nicht mehr als 50 Meter Luftlinie auseinander gewohnt.“ Das Interesse für Fußball hatten alle drei. Doch nicht nur am Controller, auch im Ortsverein haben Matthias Winkler und Mike Linden von den Bambinis an bis zur Herrenmannschaft zusammengespielt.

Für das Verständnis von Fußball in der virtuellen Welt sei das ein Vorteil, sagt der 31-Jährige. Der Traum vom Profi-Fußball hat sich für die drei Lenneper dann vor den Monitoren erfüllt. „Richtig los ging es mit PES 4, vorher hatten wir aber schon andere Versionen des Konami-Titels gespielt.“ Dass es nicht der EA-Titel FIFA geworden ist, erklärt der Westfale kurz und knapp: „PES ist deutlich realistischer.“ Obwohl FIFA sich in den vergangenen Jahren immer erfolgreicher wurde, blieb Linden PES treu: „Ausprobiert habe ich einige FIFA-Version – PES hat mir jedoch immer besser gefallen.“

Titeljäger und Nationalmannschaftsträume

Die Dominanz der drei Leppener in PES-Deutschland sucht jedoch ihresgleichen. „In den vergangenen Jahren sind zehn von elf Deutschen Meisterschaften an uns gegangen“, sagt Linden. Auf das hohe Niveau haben sich die drei Spieler selbst gebracht. Der stetige Wettkampf untereinander hat sie vor 15 Jahren an die PES-Spitze geführt und von dort hat sie bisher niemand wegbekommen. Eine Portion Talent gehört mit Sicherheit dazu.

Obwohl Linden keine Unsummen als PES-Profi verdient hat, trainiert er regelmäßig. „Aktuell sind es durchschnittlich zwölf Stunden“, sagt der Justiz-Beamte. „Meist fange ich gegen 19 Uhr abends an, dann geht es bis Open End.“

Viel Routine schwingt in seiner Stimme mit, wenn er über die jährliche Anpassung an die neue PES-Version zur Sprache bringt. „Im Prinzip kenne ich schon alles. Wichtig ist bei jeder Neuerscheinung, das jeweilige Spielprinzip wieder zu entschlüsseln und sich darauf einzustellen.“

Überraschen kann man Mike Linden bei PES also wenig. Aber ihm und Matthias Winkler wurde zuletzt eine große Ehre zuteil. Beide sowie ihre Schalker Teamkollegen Mehrab Esmailian und Pejam „Payamoon“ Zeinali wurden vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) für die PES-Nationalmannschaft nominiert und sind damit Teilnehmer der kommenden PES-Europameisterschaft. Die Freude darüber schwingt mit: „Das ist ein Super-Gefühl und eine Anerkennung für unsere Leistungen.“

Im November des vergangenen Jahres wurden die Spieler im Rahmen des EM-Qualifikationsspiels Deutschland gegen Nordirland vorgestellt. Die Nominierten reisten dafür nach Frankfurt am Main. „Das war ein großartiges Erlebnis. Wir haben dort auch Philipp Lahm getroffen, der uns freundlich begrüßt hat“, sagt Linden.

Der Kontakt zu Fußballprofis ist aber keine Seltenheit für die PES-Spieler. Als Teil von Schalke 04 besuchen sie Spiele in der Arena und der Klub veranstaltet auch Showmatches zwischen den Esportlern und Spielern des Profiteams. „Ich musste einmal mit verbundenen Augen gegen Mark Uth spielen. Das war eine recht spaßige Angelegenheit. Ein Teammate hat mir Anweisungen gegeben, was ich machen soll. Das Spiel habe ich dann knapp verloren.“ Damit nehmen die PES-Profis wohl etwas Rücksicht auf die Schalke-Profis. Denn im Normalfall würde es wohl eine deftige Niederlage für die Fußballer setzen.

Richtiger Weg mit exklusiven Lizenzen

Die weitere Entwicklung von PES in Deutschland kann Mike Linden nicht abschätzen. „Ich denke, dass der Weg mit exklusiven Lizenzen mit Spitzenteams der Welt richtig ist. Vollständige Lizenzen wie FIFA wird PES wohl vorerst nicht bekommen.“ Der Aderlass in der deutschen Szene ist aber ein Fakt, der nicht von der Hand zu weisen ist.

Ein Patentrezept dagegen gibt es nicht, weiß Linden. „Eine erfolgreiche PES-Szene gibt es vor allem in anderen Regionen. Dazu zählt Asien, Südamerika und in Europa sind das Frankreich, Spanien und Portugal.“ Die Dominanz von FIFA zu brechen, bleibt also schwer in Deutschland.

Ein Ende der PES-Karriere von Mike Linden ist derzeit nicht abzusehen. „Ich weiß nicht, wie lange ich spielen werde. Vermutlich solange es mir Spaß macht“, sagt der 31-Jährige. Und das klingt fast wie eine Warnung. „Vermutlich kann ich das Spiel noch lange auf diesem Niveau spielen, denn körperlich braucht PES nicht solche Voraussetzungen wie andere Esports-Titel oder die eines Profi-Fußballers.“

Steigende Zuschauerzahlen

Damit hat Mike Linden den Fehdehandschuh hingeworfen für die künftige Generation der PES-Profis. Für EL_Matador geht es indes in der Gegenwart mit kommenden PES-Highlights weiter. Von März bis Mai findet die Qualifikation zur UEFA eEuro 2020 statt. Zeitgleich mit der Fußball-Europameisterschaft werden die PES-Profis in London den EM-Titel ausspielen.

Dazwischen wartet der Liga-Alltag auf Mike Linden. „Die Spiele finden immer in Barcelona statt. Erfreulich ist, dass sich die Zuschauerzahlen im Vergleich zur vergangenen Saison verdoppelt haben. Mittlerweile schauen uns über 100.000 Zuschauer im Stream zu.“ Das entschädigt sicherlich für die Reisestrapazen der Schalke-Spieler – und beweist, dass PES trotz regionaler Rückwärtsentwicklungen insgesamt ein steigendes Interesse verzeichnen kann.

Foto: DFB
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