“Noch einige Hürden zu meistern” – Wie Gaming und Esport sinnvoll in den Schulalltag eingebaut werden kann

Gaming gehört in Deutschland mittlerweile zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen unter Kindern und Jugendlichen. Damit einhergehend steigt auch das Interesse an Esport-Wettbewerben. An deutschen Schulen haben es die digitalen Themen jedoch noch etwas schwer.

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In einem Interview mit Mag. Natalie Denk, Leiterin des Zentrums für Angewandte Spieleforschung der Donau-Universität Krems, haben wir über den Status Quo, mögliche Probleme und zukünftige Potenziale gesprochen. Des Weiteren half eine Umfrage des Unternehmens HyperX bei der Aufarbeitung der Thematik.

 

Wenig Förderung für Gaming und Esport

Die aktuelle Situation an deutschen Schulen kommt aufgrund einer ganzen Reihe von Einflussfaktoren zustande. Zum einen gibt es leider immer noch zu viele Vorurteile gegenüber Gaming und Esport. Obwohl Gamer-Klischees zunehmend mithilfe verschiedener Studien widerlegt werden, steht diese Hürde weiterhin im Weg. Unklarheiten im Zusammenhang mit der Begriffsdefinition von Esport sorgen zusätzlich für Verwirrung.

Vorurteile stehen den digitalen Trends immer noch teilweise im Weg. | Bildquelle: Phil Hornshaw

Denk meint, dass Lehrpersonen noch zu wenig Schulungsangebote in diesem Bereich zur Verfügung stehen und so aufgrund fehlender Expertise schnell Berührungsängste entstehen. Es sind jedoch nicht nur die einzelnen Lehrer:innen Schuld. Vielmehr trägt zumeist auch die fehlende Offenheit der ganzen Schulverwaltung und -direktion dazu bei, dass Gaming oder Esport keine Rolle im Lehrplan spielen.

Zu guter Letzt liegt es auch an den Eltern, die durch ihre Unterstützung und Interessen ebenfalls einen Einfluss auf die Aktivitäten an der Schule haben. “Diese stehen Gaming-bezogenen Schulprojekten jedoch oft noch skeptisch gegenüber”, so Denk. Die HyperX-Umfrage ergab zudem, dass nur 24 Prozent der Eltern davon überzeugt sind, dass Gaming ein lohnendes Hobby ist.

 

Erkenntnisse der HyperX Studie

Warum sich jedoch schnellstens etwas ändern sollte und wir uns mit der Thematik auch an Schulen befassen sollten, zeigt die Studie von HyperX, bei der jeweils 1000 Eltern und Jugendliche in Deutschland befragt wurden. Dabei ergaben sich unter anderem die drei folgenden Ergebnisse.

  • 45% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland möchten im Esport-Bereich arbeiten – entweder als Esportler oder in einem inhaltlich angrenzenden Berufsfeld (Eventmanagement, Moderation, Marketing etc.)
  • 42% der Eltern glauben, dass sich ihre Kinder beim Gaming ein ausgeprägtes Skillset aneignen
  • Knapp die Hälfte (46%) will die Esport-Karrierepläne ihres Kindes uneingeschränkt unterstützen

Die Kinder und Jugendlichen sind sichtlich angetan und sehen einen Job in der Gaming- und Esport-Branche als lukrative Möglichkeit an. Genau deshalb wünschen sich 58% der Befragten eine stärkere Einbindung dieser Themen in den Unterricht. Knapp die Hälfte der Eltern ist jedoch gegen eine solche Entwicklung. Sie sehen Gaming vielmehr als außerschulische Aktivität an und könnten sich beispielsweise Esport-Wettbewerbe als sinnvolle Aktivitäten vorstellen.

Die E-Sport Schulliga Wien konnte bereits viele Kinder für Gaming begeistern. | Bildquelle: Picapipe

“Die HyperX-Studie zeigt einerseits sehr gut, dass Gaming und Esport im schulischen Bereich hochaktuelle Themen sind, denen wir uns widmen müssen – andererseits auch, dass hier wohl noch einige Hürden zu meistern sind und Aufklärungsarbeit auf vielen Ebenen geleistet werden muss”, erklärt Denk.


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Ausbildung von richtigen Expert:innen

Neben der bereits angesprochenen Aufklärungsarbeit, welche die Gesellschaft im Gesamten betrifft und zu der jeder Einzelne beitragen kann, gibt es auch einige konkrete Möglichkeiten, mit denen bereits jetzt etwas in Bewegung gesetzt werden könnte.

An erster Stelle steht dabei die Anpassung des Ausbildungs- und Schulungssystems für Lehrer:innen. Wird das zukünftige Personal bereits früh mit den Möglichkeiten der Einbindung von Gaming in den Schullalltag vertraut gemacht, so können hier Expert:innen heranwachsen, die auch die Welt der Kinder und Jugendlichen besser nachvollziehen können.

Natalie Denk erklärt, dass „es nicht schwierig ist, Anknüpfungspunkte zur Gaming-Kultur im Unterricht zu finden und das motivationsfördernde Potenzial auszunutzen. Ein Einstieg könnte sein, Kindern und Jugendlichen einfach mal einen Raum zu geben, über ihre vielfältigen Erfahrungen in und rund um Spielewelten berichten zu lassen. Je nach Auslegung und Themenschwerpunkt, können hier Bezüge zu Unterrichtsfeldern wie Kommunikation, soziales Lernen, Ethik oder Kreativität gefunden werden.“

 

Mehr als genügend Einbindungsmöglichkeiten

Videospiele können maßgeblich zur Förderung von motorischen, kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten beitragen. Doch nicht nur die eigene Leistung steht hier im Blickpunkt. In Teamspielen werden vor allem soziale Kompetenzen wie Teamwork, Selbstorganisation oder Inklusion gestärkt. Genau dies sind wichtige Kompetenzen, die Schüler:innen auch in ihrem zukünftigen Leben weiterbringen werden.

Es gibt fast unendlich viele Möglichkeiten verschiedenste Gaming-Elemente in den Schullalltag einzubinden. “Dies kann und sollte nicht nur in einem dezidierten Unterrichtsfach passieren”, so Denk. Vielmehr empfiehlt sie die vielfältige Einbindung sogenannter Game-based Education Ansätze:

  • Esport-Turniere im schulischen Rahmen durchführen oder gezielte Kurse zum Thema anbieten
  • Spielinhalte aufgreifen und im Unterricht thematisieren (Altersaspekte, Hatespeech, Sexismus)
  • Spielerlebnisse als Ausgangspunkte für Diskussionen und Gespräche mit Schüler:innen
  • Auseinandersetzung mit Medium “Computerspiel“ an sich
  • Analyse von Spielinhalten (Charakterdarstellung, Erzählweisen, Lerninhalte)
  • Let’s Play Videoproduktion als pädagogische Methode (StreamIT!: www.stream-it-talente.at)
  • Game Design Projekte als Mittelpunkt für fächerübergreifenden Unterricht
  • Berufsorientierung im Feld Gaming und Esport

„Die HyperX-Studie zeigt, dass 85% der Jugendlichen jede Woche Computer- oder Videospiele spielt. Ich sehe es daher nicht als “Nice-to-have” sich mit Gaming im schulischen Bereich auseinanderzusetzen, sondern als einen Bildungsauftrag, dem wir uns nicht morgen, sondern heute widmen müssen – eben weil Gaming so ein bedeutender Bestandteil unserer Gesellschaft und vor allem auch der heutigen Jugendkultur ist”, erklärt Denk ihre Sichtweise.

Ob sich nun mehr Schulen dem wichtigen Thema annehmen, bleibt erst mal offen. Zu hoffen wäre es – für die Lehrer:innen und die Kinder.


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Bildquelle: E-Sport Schulliga Wien, Picapipe
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