Die Wiederbelebung des Pokémon-Phänomens

Das Pokémon-Franchise zeigt der ganzen Welt, wie vielseitig und erfolgreich eine Marke sein kann. Beginnend mit den ersten beiden Gameboy-Editionen Rot und Blau, die in Japan vor 25 Jahren ihr Debüt feierten, und einer Reihe von 151 sammelbaren Monstern wurde alles produziert, was in der modernen Zeit vorstellbar ist: eine eigene TV-Serie, Kino-Filme, jede Menge Merchandise in Form von Plüschfiguren, Kleidung und eben auch ein Sammelkartenspiel.

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Mit neuen Pokémon ging das Sammeln in den Folgejahren weiter, genauso wie die Produktion neuer Produkte um die Marke herum. Dieser Linie ist die Pokémon Company bis heute treu geblieben. Seit 2018 gehört das Pokémon-Franchise zu den umsatzstärksten Marken weltweit. Vor allem das Sammelkartenspiel trägt einen großen Teil zum Milliarden-Umsatz bei und steigt in der Beliebtheit.

Ursprung des TCG-Hypes kommt aus den USA

Mittlerweile sorgt das Pokémon Sammelkartenspiel für so viel Furore, dass es auf der Streamingplattform Twitch zu großer medialer Aufmerksamkeit geführt hat. Als Maximilian „Trymacs“ Stemmler am vergangenen Sonntag ein Basis-Set-Display im Wert von 40.000 Euro öffnete, schauten über 350.000 Zuschauer zu. Das ist deutscher Rekord. Diese hohe Aufmerksamkeit hat ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Denn dort nahm der Karten-Boom vor fünf Jahren mit einem speziellen Set langsam an Fahrt auf.

Zum 20-jährigen Jubiläum hat die Pokémon Company im Jahr 2016 spezielle Karten gedruckt. Im gleichen Jahr, in welchem Pokémon GO zum Massenphänomen wurde, sorgte ein neues Kartenset für Aufmerksamkeit: „Evolution“. Dieses Set beinhaltete viele Neuauflagen der allerersten Pokémon-Karten – unter anderem die beliebte Glurak-Karte. Dieser Neudruck hat bei vielen Erwachsenen, die als Kinder der 90er Jahre die ersten Karten sammelten, den Nostalgie-Knopf mit einem Schlag gedrückt.

Gleichzeitig wurde das Free-to-Play Online-Spiel um die Sammelkarten immer häufiger genutzt, wodurch sich immer größere Turniere und Events entwickelten – und somit auch die Aufmerksamkeit. Neben den klassischen Sammlern gibt es zahlreiche Turnierspieler, die vor der COVID-19-Pandemie um fünfstellige Preisgelder spielten und es auch bei rückkehrender Normalität tun werden.

Vor vier Jahren haben sich Booster-Box-Openings rasant verbreitet und wurden online professionalisiert. Der Geschäftsmann und Youtuber „Derium’s Pokemon“ gehört zu den ersten Pokémon-Youtubern, die mit massiven Booster-Openings für Schlagzeilen gesorgt haben. 1.000 Booster gleichzeitig bedeuteten, knapp 28 Displays auf einmal zu öffnen. Das ist vor allem für damalige Verhältnisse ein utopischer Wert gewesen und hat für jedes Kind einen absoluten Traum dargestellt. Solch ein einzelnes Display hat damals ungefähr 100 Euro gekostet. Kurzer Vergleich am Rande: Heutzutage, etwas mehr als vier Jahre später, hat sich der Wert des vergriffenen Sets auf das Zehnfache gesteigert.

Pokémon wird zum Geschäft

Derium’s Pokemon gehört auch heute mit 521.000 Abonnenten zu den größten Content Creators des Pokémon TCG. Er hat vorgemacht, wie man als großer Händler von Pokémon-Karten gleichzeitig Erfolg auf Youtube haben kann und durch die Reichweite direkte Werbung für seinen eigenen Shop macht – eine geniale Win-Win-Situation.

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Derium´s Pokemon hat zudem Trends gesetzt, die bis heute Bestand haben und für eine Verbreitung der Euphorie sorgen: die beliebten „Box Breaks“. Er öffnete die Displays mit jeweils 36 Boostern vor laufender Kamera, erhielt somit neuen Content für seine Seite, während die Käufer der Produkte ein bisschen weniger Geld zahlen mussten.

Box Breaks regieren auf Streamingplattformen

Heutzutage werden die Box Breaks etwas anders und für seltene, extrem teure Displays veranstaltet, um überhaupt eine Chance auf boosterfrische Karten zu haben. Mit so einem Box Break zum Basis-Set 1. Edition hat Trymacs am vergangenen Sonntag für den deutschen Zuschauerrekord auf Twitch gesorgt, indem sich zahlreiche deutsche Streamer und Influencer in das Opening einkauften und Anspruch auf einzelne Packs sicherten. Somit hat sich das Pokémon TCG neu erfunden und wird mit großer Spannung förmlich zelebriert. Doch auch Trymacs ist nur ein euphorischer, wenngleich erfolgreicher Nachahmer der US-amerikanischen Trendsetter.

Der entscheidende Katalysator für den massenhaften Ansturm auf die Pokémon-Karten war ein amerikanischer Influencer: Logan Paul. Der polarisierende Social-Media-Star hat bereits als Kind gesammelt, kaufte im Oktober 2020 ein Display des englischen Basis Sets 1. Edition für einen neuen Rekordpreis von 200.000 US-Dollar und öffnete dieses anschließend per Box Break via Livestream.

Das Video von Logan Paul wurde auf Youtube über elf Millionen Mal aufgerufen, war wochenlang Gesprächsthema und hat das Pokémon Sammelkartenspiel im westlichen Raum nachhaltig verändert. Der glückliche Gewinner des 1. Edition Glurak war übrigens der deutsche Streamer Kevin „Papaplatte“ Teller, der mit Trymacs zusammen am Sonntag das eigene Box Break veranstaltete. Für Events dieser Art ist vor allem der amerikanische Youtuber „PokeRev“ bekannt, der schon vor knapp einem Jahr regelmäßig seltene Displays sämtlicher Editionen öffnete und dies weiterhin tut. Er erreichte somit auch früh bekannte deutsche Streamer wie „TrilluXe“ oder „Dhalucard“, die an den Aktionen mitmachen und somit den Trend in Deutschland weiter vorangebracht haben.

Pandemie-Situation hat den Kauf von Karten verstärkt

Während des Jahres 2020 stiegen die Preise für seltene Pokémon-Sammelkarten drastisch an. Durchschnittlich wurde eine gut erhaltene Karte, die im Jahr 2019 noch 20 Euro wert war, wenige Monate später für 60 bis 80 Euro verkauft. Das ist auch auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen, weil viele Menschen nicht mehr ihr Geld in Reisen, Kinogänge oder ähnliche Freizeitaktivitäten stecken konnten. Das Sammeln von Pokémon-Karten hat aufgrund dessen stark zugenommen, weil das Hobby zu Hause genossen werden kann. Die Nachfrage ist gestiegen und somit auch die Preise.

Neben den ehemaligen Kindern der 90er Jahre stoßen auch immer neue junge Pokémon-Fans zum Hobby dazu. Die Aufmerksamkeit auf die Marke wird zusätzlich von Pop-Stars verstärkt, die sich als Pokémon-Fans outen und somit übermitteln, dass die Marke im Trend ist. Ariana Grande hat ein Evoli-Tattoo auf ihrem rechten Oberarm, Justin Bieber hat eine Sammlung aller Pokémon-Karten der ersten Generation an seiner Hauswand hängen.

Höhere Wertanlage-Magen als an der Wall Street

Durch das Bewerten von Karten (Grading) haben sich neue Wertanlage-Quellen entwickelt, die vom Prinzip her ähnlich wie eine Aktie als Wertpapier gehandelt werden. Bei Agenturen wie dem Professional Sports Authenticator (PSA) oder dem Beckett Grading Service (BGS) werden die Sammelkarten professionell unter die Lupe genommen und auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet. Je höher die Zahl, desto besser der Zustand und gleichzeitig desto höher der Preis.

Die aktuell teuerste Einzelkarte von Pokémon ist das englische 1. Edition Base Set Charizard. Diese Karte wurde mit einer perfekten 10 der Agentur SGC bewertet und im Dezember vergangenen Jahres für 369.000 US-Dollar versteigert. Auch bei diesem Objekt ist der Marktwert förmlich explodiert. Vor drei Jahren wurde diese Karte noch auf einen Wert von 20.000 USD taxiert.

Die Preise von Pokémon-Sammelkarten sind in den vergangenen zwölf Monaten um ein Vielfaches gestiegen und haben mehrere Menschen zu Millionären gemacht. Sogar die brandneuen Produkte nehmen an Wert zu, obwohl sie erst vor wenigen Monaten erschienen sind. So hat sich der Verkaufspreis des neuesten Sets „Farbenschock“ von 120 Euro auf 250 Euro erhöht, weil der Andrang so groß ist. Derzeit ist die Nachfrage für Pokémon-Karten deutlich höher, als die Pokémon Company an Produkten liefern kann. Der Hype um das Sammelkartenspiel dürfte sich auch mit den kommenden Erweiterungen und dem 25-jährigen Jubiläum fortsetzen.

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Bildquelle: Pokémon/Twitter; Goldin Auctions
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