Warcraft mit Startschwierigkeiten: Die Entwicklungsprobleme bei Reforged

Blizzard bringt mit Warcraft III: Reforged einen Klassiker zurück. Während nach der Ankündigung ein großer Hype um das Remake herrschte, macht seit sich  seit der Beta-Version Ernüchterung breit. Die Veröffentlichung wurde auf den 29. Januar 2020 verlegt.

Warcraft III gilt als das letzte Spiel des ‘echten Blizzards’, der letzte echte Klassiker, bevor 2005 mit World of Warcraft ein Zeitalter der Kommerzialisierung beim Entwickler eintrat. Diese Sicht wird oft von Fans der ersten Stunde vertreten, die die Anfangstage des amerikanischen Studios miterlebt haben.

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Umso größer war dann die Begeisterung als 2018 auf der BlizzCon ein Remake des Klassikers angekündigt wurde. Mit Reforged sollte eine neue Version des Spiels her mit zeitgemäßer Grafik, ohne die Mechaniken des Spiels anzufassen. Wer die ganze Portion Nostalgie möchte, kann den Titel per Knopfdruck auch komplett wie früher spielen, inklusive der charmanten, altbackenen Grafik.

Blizzard schwimmt auf Nostalgiewelle

Bereits 2017 machte Blizzard mit StarCraft: Remastered den Anfang. Die Spieleschmiede veröffentlichte ein Remaster des Echtzeit-Strategiespiel-Klassikers von 1998, der in Südkorea die Initialzündung für den Esport gab und als absolute wegweisend im Genre sowie im kompetitiven Computerspielen gilt. Im Sommer dieses Jahres folgte dann der Relaunch von World of Warcraft: Classic, der die Uhr wieder zurück ins Jahr 2005 drehte – monströse Warteschlangen inklusive. Dennoch war gerade letzteres Spiel ein voller Erfolg für Blizzard. Die Spieler rannten der Branchengröße die Tür ein.

Mit Reforged soll nun also das große Triumvirat der Blizzard-Klassiker – Diablo einmal ausgenommen – ergänzt. Anstatt sich auf neue Spiele zu konzentrieren, macht Blizzard einfach wieder mehr vom Alten. Und zumindest der Erfolg von WoW: Classic gibt ihnen recht. Doch kann das neue WC3 mithalten?

Zu viel gewollt?

Die Betaphase von Reforged war bisher enttäuschend. Dafür, dass das Spiel noch 2019 erscheinen sollte, wirkt es absolut unfertig. Es gibt etliche Bugs, die Grafik bietet wenig Kontraste und ist gerade im kompetitiven Spiel ein Graus. Viele Features wie Profile oder Matchmaking gibt es schlicht einfach noch nicht. Das Team, welches sich um Reforged kümmert, musste am 17. Dezember die Niederlage eingestehen und kündigte den verschobenen Release für den 29. Januar 2020 an.

Im Gegensatz zu neuen StarCraft-Version wurden für das WC3-Remake ganz neue Modelle erstellt und der gesamte Arbeitsaufwand für das Spiel ist weitaus größer als Blizzard vermutet hat. Anders ist es nicht zu erklären, dass das Spiel bereits Ende 2018 in den Vorverkauf ging – nach einem Jahr sollte eigentlich ein fertiges Produkt auf dem Markt sein, pünktlich zum Vorweihnachtsgeschäft. Ein Jahr für ein so ambitioniertes Projekt – damit hat sich der Spieleindustrie-Veteran stark verkalkuliert.

Zurück zu Warcraft

Dabei hat Warcraft III immer noch großes Esport-Potential. Das Projekt Back2Warcraft etwa widmet sich seit gut zehn Jahren Casts aus der WCIII-Szene und streamt fleißig professionelle und semi-professionelle Events. Mittlerweile hat auch der beliebte Gaming-Channel Rocket Beans TV das Spiel für sich entdeckt und arbeitet mit den Machern von Back2Warcraft zusammen. Und auch die Streaming-Ikone Manuel “Grubby” Schenkhuizen baut seinen Erfolg auf das Spiel auf, das ihn groß gemacht hat. Das Interesse lässt sich auch an Zugriffen auf die Esport-Enzyklopädie Liquipedia messen: Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Besucherzahlen von drei auf fünf Millionen erhöht. Die Tendenz ist weiterhin steigend.

Zwar kann sich das Echtzeitstrategiespiel (im Englischen RTS für real-time strategy) nicht mit den ganz großen Titeln wie League of Legends oder Counter-Strike messen. Trotzdem ist das Interesse vorhanden. Denkbar wäre mit dem Start von WarCraft III: Reforged die Etablierung neuer Ligen. Die ESL wird im neuen Jahr keine Meisterschaften mehr für PlayerUnknown’s Battlegrounds und League of Legends ausrichten und sucht nun nach neuen Spielen für das Portfolio der ESL Meisterschaft. Eine Rückkehr zu dem Titel des Vorgängerformats der ESLM, der ESL Pro Series (EPS) wäre nicht vollkommen ausgeschlossen – bis zur Ablösung durch StarCraft II 2010 war WarCraft seit 2002 einer der prestigeträchtigsten Titel im frühen Esport-Deutschland.

Es steht und fällt mit dem Endprodukt

Damit das möglich wäre, muss aber noch einiges passieren. Das Reforged-Entwicklerteam hat noch jede Menge Arbeit vor sich, um das Produkt fertigzustellen. Es gibt aktuell noch viele Baustellen und die Uhr tickt. Wie weit die Entwickler tatsächlich in einem Monat sind, bleibt abzuwarten. Jedoch ist es schon fast sicher, dass auch nach der Veröffentlichung noch viel Arbeit in das Spiel gesteckt werden muss. Nur wenn der Launch kein Debakel wird, könnte WC3 wieder in die Riege der größeren Esport-Titel gehören.

Bildquelle: Blizzard
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