Mit Pay2Win kann FIFA kein echter eSport sein

Jedes neue Jahr bringt ein neues FIFA und jedes neue FIFA bringt eine Diskussion um Pay2Win. Der Fakt, dass FIFA Ultimate Team Pay2Win ist, steht eigentlich außer Frage. Solange das so bleibt, fällt es schwer, FIFA als vollwertigen eSport zu sehen.

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Wer bei FIFA Ultimate Team mithalten möchte, der braucht ein Team mit möglichst guten Spielern, sonst bleibt er nahezu chancenlos. Diese benötigten Spieler bekommt man, wie die meisten bereits wissen werden, aus Packs: Digitale Kartenpackungen, in denen Spieler und Items versteckt sind. Was man genau bekommt, ist weitestgehend Zufall.

Die zahlreichen Kritiker, wie zum Beispiel Schalke-Profi Tim Latka im Interview mit dem Kicker oder aber die belgische Regierung, bezeichnen das als Glücksspiel. EA selbst hat sich den einfallsreichen Namen „Überraschungsmechaniken“ dafür ausgedacht. Wer also Unmengen an Geld in das Spiel steckt, kann sich nicht mal sicher sein, dass er dadurch konkurrenzfähig wird.

Keine echte Alternative

Zugegeben, es geht auch ohne Geld. Die Packs oder aber die Coins, mit denen man sie kaufen kann, lassen sich erspielen oder ertauschen. Allerdings ist der Prozess so langwierig, dass diese Vorgehensweise für Spieler, die wirklich konkurrenzfähig sein und von Anfang an um wichtige Qualifikationspunkte kämpfen wollen, keine Option ist. Cihan Yasarlar, FIFA-Profi bei RB Leipzig, bezeichnete es im Kicker-Interview sogar als „absolut unmöglich“. Ganz davon zu schweigen, dass der Kader mit dem nächsten FIFA-Release ein Jahr später komplett nutzlos wird.

Die Alternative: Mit echtem Geld eine zweite Ingame-Währung namens „FIFA Points“ kaufen und damit die Packs erwerben. Und genau das tun die Profis. „Mehrere tausend Euro“ investiert Cihan nach eigener Aussage „in den ersten Tagen und Wochen“ nach dem jährlichen FIFA-Release. Mehrere tausend Euro – das steht auf dem Preisschild von jedermanns Einstiegshürde in den FIFA-eSport.

Du kommst hier nicht rein

Für Cihan ist das wahrscheinlich kein Problem: Wie die meisten FIFA Profis, die bei einem großen Verein unter Vertrag stehen, wird er diese mehreren tausend Euro von seinem Verein gesponsert bekommen. Doch wer keinen spendablen Unterstützer im Rücken hat, schaut in die Röhre.

Das grenzt eine Vielzahl der Spieler von vorneherein aus – nämlich all jene, die es sich nicht leisten können, den Gegenwert eines gebrauchten Kleinwagens in ihr virtuelles Team zu investieren. Es bildet sich ein kleiner Elite-Kreis an entweder wohlhabenden oder bereits unter Vertrag stehenden Spielern, in den praktisch niemand mehr vorstoßen kann. Organisches Wachstum sieht anders aus und für einen sich entwickelnden eSport wie FIFA ist das ein riesiges Problem.

Skill ist zweitrangig

Doch die Probleme fangen schon viel früher an: Das System Pay2Win steht dem Wettbewerbsgedanken, der einen eSport-Titel von einem normalen Spiel unterscheidet, komplett entgegen. Denn bei FIFA kommt es zu weiten Teilen eben nicht auf die besseren Fähigkeiten an, sondern auf das bessere virtuelle Equipment und damit, im übertragenden Sinne, auf den höheren Kontostand.

Das mag im Sport kein kompletter Einzelfall sein: In der Formel 1 oder dem Americas Cup (Segeln) ist das beispielsweise auch der Fall. Doch hier versuchen die Veranstalter meist, den Faktor des Geldvorteils durch strenge Regularien zu begrenzen. EA tut das Gegenteil: Die besten Kartenpacks bietet der Publisher immer nur in begrenzter Menge an. Wer also nicht sofort zuschlägt, hat kaum Chancen, einen der absoluten Top-Spieler zu bekommen.

Die Situation ist nicht ausweglos

Dabei gibt es genug Lösungsansätze für das Problem: Bevor Ultimate Team als Modus eingeführt wurde, spielten FIFA-Profis einfach mit den normalen Teams. In der Virtuellen Bundesliga wurde ein Modus gespielt, in dem alle Spieler auf 85 genormt waren. Vor der Einführung von FUT wurde im FIFA-eSport einfach mit klassischen Vereinen gespielt.

Selbst EA scheint die Problematik insgeheim bewusst zu sein. Auf den Offline-Events wie dem FIFA eWorld Cup wird plötzlich in einen Modus gewechselt, in dem die Teilnehmer sämtliche verfügbaren Spieler frei in ihr Team wählen können. Für die Massen außerhalb des elitären Kreises, die versuchen, sich für diese Events zu qualifizieren, ist das keine Option. Hier könnte EA früher ansetzen und diesen Modus bereits für die Qualifikationsturniere nutzen, damit zumindest die Quali für die wichtigen Events unter gleichen Bedingungen stattfindet.

Weniger Pay2Win bedeutet mehr eSport

EA dürfte wenig Interesse daran haben, irgendetwas zu ändern: Laut eines Reports war FIFA Ultimate Team im Jahr 2018 für 21% des Gesamtumsatzes von Electronic Arts, einem der größten Publisher der Welt, verantwortlich. Bei 5,3 Milliarden US-Dollar Gesamtumsatz macht das ca. 1,1 Milliarden US-Dollar. 2019 sollen es sogar 28% Anteil sein.

Toll für EA, schlecht für den eSport. Denn so lange sich der FIFA-eSport nicht öffnet und FUT mit seinen Pay2Win-Mechaniken weiter für ernsthafte Wettkämpfe genutzt wird, ist FIFA-eSport kein echter Wettbewerb, sondern eine Promo-Veranstaltung für EAs Lizenz zum Gelddrucken.

Was für ein Wahnsinn die Glücksspiel-Pay2Win-Schlussverkauf-Kombi ist, erkennen selbst die Profis. Deshalb sprechen einige von ihnen sich auch immer wieder vorsichtig dagegen aus, soweit sie sich dabei keinen Ärger mit EA oder ihren Klubs einhandeln.

Denn die Spieler wissen, dass durch den schlechten Ruf des FIFA-eSport auch ihre Leistungen nicht die Anerkennung erfahren werden, die sie verdienen. Und das wäre eine Schande.

Also bleibt uns nur die Hoffnung auf den Tag, an dem man als talentierter FIFA-Spieler neben dem Controller nicht alle Jahre wieder auch noch die Kreditkarte zücken muss, um sich den Traum von einem großen Titel zu erfüllen.

Bildquelle: FIFA
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