Krise von Team Liquid: Das verlorene Lächeln des Elige

Team Liquid war mehrere Monate lang das Maß aller Dinge in Counter-Strike. Die Amerikaner dominieren die Konkurrenz in etlichen Turnieren nach Belieben und verdrängen Astralis vom ersten Platz der Weltrangliste. Dann kommt der Einbruch.

Das breite Lächeln von Jonathan “EliGE” Jablonowski war vor wenigen Wochen noch das perfekte Abbild für den Aufstieg von Team Liquid. Sieg um Sieg fuhren die Amerikaner ein. Liquid löste Astralis an der Weltranglistenposition eins ab. Sechs Turniersiege stehen 2019 auf der Habenseite von Team Liquid. Darüber hinaus reihte sich der mit einer Million US-Dollar dotierte Intel Grand Slam ein. Lachen auf allen Gesichtern, das Konfetti flatterte und die Sektkorken knallten im Lager der siegestrunkenen Amerikaner.

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Die spielerische Klasse von Team Liquid war ab Mai eindrücklich und erdrückend. Den einstigen Primus Astralis besiegten die Amerikaner im Juni in den Viertelfinals der neunten Saison der ESL Pro League und krönten sich wenig später zum Champion. Chancenlos schienen die Dänen damals. Als Team Liquid dann noch im Juli im Trikot-Look von Captain America die IEM Chicago gewann, schien das Lineup endgültig unbesiegbar. Die Superhelden waren geboren. Eine Wachablösung und eine neue Ära kündigte sich in Counter-Strike an.

Blindes Verständnis

Die Fünf von Liquid schienen die Formel gefunden zu haben. Neben der unglaublichen individuellen Stärke eines Elige, Russel “Twistzz” Van Dulken oder Jacky “Stewie2K” Yip harmonierte das Team auf den CS-Maps offenbar blind. Nicholas “nitr0” Cannella hatte als Ingame-Leader (IGL) offenbar immer die richtige Idee. Selbst der unscheinbare Keith “NAF” Markovic machte seinen Job außerordentlich gut. Doch die Geschichte des professionellen Counter-Strike lehrte eines: Eine Garantie für dauerhaften Erfolg gibt es nicht.

Der Einbruch von Team Liquid ereignete sich Anfang August beim StarLadder Major in Berlin. In den Viertelfinals kam dann die Rache der Dänen. Astralis hatte sich akribisch auf das Turnier vorbereitet und schickte Team Liquid glatt mit 2:0 nach Hause. Besonders die Map Vertigo zeigte ein völlig überfordertes Team aus den USA. Die Dänen hatten ihre Hausaufgaben gemacht – Team Liquid offenbar nicht.

Was sind die Gründe? Die Amerikaner hatten Ende Juli, nach dem Gewinn der Intel Extreme Masters XIV in Chicago eine Pause eingelegt. Knapp einen Monat vor dem Major in Berlin. Das ist nicht ungewöhnlich. Doch während sich Team Liquid im Erfolg sonnte, bereiteten sich andere Teams verbissen in den stickigen Räumen ihrer Bootcamps vor.

Sichtbar war das am wiedererstarkten Major-Sieger Astralis, der die Map Vertigo von einer Schwäche in eine Stärke umwandelte. Damit überraschten die Dänen nicht nur Team Liquid in Berlin. Elige analysierte die Situation der kommenden Krise rational: “Die anderen Teams haben die Zeit genutzt, um uns zu analysieren.”

Das verlorene Lächeln

Team Liquid hatte in Berlin sein Momentum verloren. Die Selbstverständlichkeit des Siegens ging verloren. Dasselbe Phänomen durchlief wenige Zeit vorher Astralis. In den Gesichtern der Spieler machte sich Ratlosigkeit breit. Was vorher Freude war, wechselte zu Frust. Das breite Lächeln von Elige war plötzlich verschwunden.

Astralis hat sich währenddessen die Spitze der Weltrangliste am 8. Oktober zurückgeholt. Team Liquid gehört immer noch zur Weltelite in Counter-Strike. Doch neue Herausforderer kommen täglich hinzu. Neben Astralis sorgte das amerikanische Team Evil Geniuses im September als Gewinner der ESL One in New York für Aufsehen. Die anschließenden DreamHack Masters in Malmö gewann Fnatic. Das schwedische Team prägte auch einst eine Ära – und weiß genau, wie schwer der Weg zurück an die Spitze ist.

(Fotos: ESL)

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