Kolumne: Riots Endgame

Riot Games hat mächtig auf den Tisch gehauen und haufenweise Spiele im League-of-Legends-Universum angekündigt. Damit versuchen sie, sich das Erfolgsrezept von Avengers und Co. zu eigen zu machen.

Riot Games hat zum zehnten Geburtstag von League of Legends mehr Spiele vorgestellt, als eine durchschnittliche E3-Pressekonferenz: Ein Card-Game, eine Fighting-Game, ein Taktik-Shooter, ein Manager-Game, ein Action-RPG, League of Legends für’s Handy und obendrein eine animierte TV-Serie. Das alles von einem Entwickler, der gerade noch gefeiert hat, dass er letzten 10 Jahren genau ein einziges Spiel in seinem Portfolio hatte.

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Dieses eine Spiel, League of Legends, hat es allerdings in diesen zehn Jahren fast durchgehend geschafft, eines der populärsten Spiele der Welt zu sein. Und auf dieser Basis möchte Riot nun die Welt erobern, indem es die neuen Spiele im mittlerweile fast jedermann bekannten LoL-Universum ansiedelt.

Ein Franchise für alle

Damit ist ein Trend, den wir in der Welt der Filme schon lange beobachten dürfen, endgültig in der Welt der Spiele angekommen: Das Franchising. Könnt ihr euch daran erinnern, wann ihr das letzte Mal ins Kino gegangen seid und kein Plakat oder einen Trailer für einen Superhelden-Film gesehen habt? Ich nicht.

Deswegen gehe ich auch nicht mehr so oft ins Kino – die familienfreundliche Formel aus übermenschlichen Fähigkeiten, tragischer Familiengeschichte und Superschurke im Karnevalskostüm langweilt mich irgendwann.

Dass große Kino-Ketten es mittlerweile für akzeptabel halten, den Film in der Mitte für 15 Minuten zu unterbrechen, damit jeder schnell nochmal ein bisschen Geld für maßlos überteuerte Snacks ausgeben kann, könnte auch was damit zu tun haben. Aber das ist ein Thema für eine andere Kolumne.

Riot Cinematic Universe

Seit Jahren produziert Hollywood im Blockbuster-Bereich massenhaft Filme, die im gleichen Universum spielen. Die Begründung: Wenn ein Film wie Avengers: Infinity War 365 Millionen US-Dollar kostet, können es sich die Studios nicht leisten, dass dieser floppt. Also machen sie Filme, die ein „sicheres Ding“ sind, weil sie in einem Universum spielen, dass die Zuschauer kennen und lieben. Und bei dem sie sich entsprechend mit höchster Wahrscheinlichkeit auch eine Eintrittskarte und eben ein paar maßlos überteuerte Snacks kaufen.

Große, neue Ideen oder „Original IPs“, wie sie im Englischen genannt werden, bekommen nur noch dann grünes Licht, wenn sie das Potential haben, zu solch einem Franchise zu werden. Disney ist die Firma, die dieses Prinzip perfektioniert hat und mit dem Marvel Cinematic Universe und Star Wars zu jedem Zeitpunkt einen beträchtlichen Anteil der Kinoleinwände dieser Welt besetzt hält. Riot möchte das mit seinem League of Legends-Universum auf unseren Bildschirmen jetzt auch versuchen.

Blizzard hat’s vorgemacht

Dabei sind sie nicht die ersten mit dieser Idee: Nach dem Mega-Announcement von Riot konnte man allerorts die Worte „Riot wird das neue Blizzard werden“ vernehmen. Der Grund dafür ist, dass Blizzard die Franchising-Taktik lange vor Riot adoptiert hat.

Warcarft 1 bis 3, World of Warcraft und Hearthstone sind allesamt Spiele aus verschiedenen Genres, die sich das gleiche Universum teilen. Blizzard hat mit Heroes of the Storm sogar ein eigenes Avengers, in dem die Figuren aller Universen in einem Spiel zusammenkommen.

Vom Dota-Klon zum Milliardär

Das ist kein Zufall. Bei der Recherche zu meiner Blizzard-Kolumne letzte Woche bin ich auf folgendes Zitat von Activision Blizzard CEO Bobby Kotick gestoßen: “Die Spiele, die wir nicht mitnehmen, sind Spiele, die wir nicht jedes Jahr und auf jeder Plattform ausschlachten können. Sie haben kein klares Potential für Nachfolger und eine Entwicklung hin zu einem 100-Millionen-Dollar-Franchise.“

Dabei sind 100 Millionen US-Dollar in der Franchise-Welt geradezu mickrig. Avengers: Infinity War hat mit knapp über 2 Milliarden US-Dollar das Zwanzigfache davon eingespielt. League of Legends brachte Riot Games laut Statista im Jahr 2017 2,1 Milliarden US-Dollar ein. Franchise-Potential ist also zu Genüge vorhanden.

Überall dabei

Der Spiele-Rundumschlag von Riot ist die logische Konsequenz dieses Potentials. Das Besondere daran: Mit Project F, Project A und Legends of Runeterra versuchen sie, in populäre Competitive-Genres vorzustoßen, für die sie mit Sicherheit auch eSport-Pläne haben.

Nehmen wir mal an, diese Spiele haben auch nur ansatzweise den Erfolg von League of Legends – Riot weiß schließlich, was es tut – dann wären die Kalifornier damit ein Big-eSports-Player bei MOBAs (League of Legends), Auto-Battlern (Teamfight Tactics), Shootern (Project A), Fighting Games (Project F) und Card Games (Legends of Runeterra). Kurzum: In fast jedem Genre.

Diversität und Wettbewerb for the Win!

Und bei dem Gedanken wird mir etwas mulmig. Denn damit könnten wir in Richtung eSport-Monopol steuern. Zumal Riot mit League of Legends gezeigt hat, dass es, anders als Dota-2- und CS:GO-Entwickler Valve, die Zügel fest in der Hand hält und nichts außerhalb ihrer Kontrolle lässt.

Versteht mich nicht falsch, die Spiele und damit einhergehenden Versprechen sehen bisher wahnsinnig gut aus. Ich selbst kann es kaum erwarten, endlich Beta-Access für das Card-Game zu bekommen.

Aber mindestens genau so sehr wünsche ich mir eine möglichst diverse eSport-Landschaft mit möglichst viel Wettbewerb. Die sorgt nämlich für Ersatzunterhaltung, wenn sich der Rest meiner Freunde mal wieder einen mit der Schablone ausgeschnittenen Superheldenfilm reinzieht.

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