Klassisch oder Franchise – Die großen Esports-Wettbewerbe

Im Esport gibt es bisher verschiedene Wettbewerbsysteme. In Overwatch und League of Legends dominieren Franchises, während es in Counter-Strike eine große Anzahl unabhängiger Events gibt. Ein Überblick.

Die kompetitive Esports-Szene von League of Legends hat sich grundlegend im Jahr 2018 geändert: Entwickler Riot Games bot für die League of Legends European Championship (LEC) und die League of Legends Championship Series (LCS) in Amerika permanente Plätze in den Ligen feil. Mit diesem Franchising verfügt der Entwickler über eine Monopolstellung im LoL-Profi-Bereich. Damit unterscheidet sich sich Riot Games drastisch von Valve, welches Turnierveranstaltern und Teams große Freiheiten lässt.

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Für Millionen von US-Dollar kauften sich große, namhafte Sportclubs – oft in Kooperation mit bestehenden Esport-Organisationen – in die Ligen ein. Für LoL war das ein riesiger Entwicklungsschritt, der die Zukunft des Esport-MOBAs sichern sollte. Dabei werden die Dimensionen deutlich, die Esport heute bereits einimmt: 2017 kostete ein Platz in der LCS mit 10 MIllionen Dollar genau so viel wie einer im Major League Soccer (MLS), dem US-Äquivalent zur Fußball-Bundesliga.

Entwickler wie Riot Games und Blizzard (Overwatch) haben das Franchising im Esport etabliert: Um in ihren höchsten Ligen teilnehmen zu können, müssen Teams sich dort einkaufen – haben dafür aber einen dauerhaften Platz sicher. In Counter-Strike und Dota 2 ist das nicht der Fall: Neben den absoluten Top-Teams Astralis und Team Liquid sieht man immer wieder kleinere Teams auf den großen Bühnen. Jeder kann sich nach oben spielen.

Planbarkeit durch Franchising

Die LoL-Ligen sowie die Overwatch League (OL) in Blizzards Teamshooter Overwatch sind Paradebeispiele für Franchising im Esport. Nach dem Vorbild nordamerikanischer Sporarten wie Football, Baseball oder Basketball erwerben Clubs ihre Plätze käuflich. Im Gegenzug können sie nicht in eine untere Liga absteigen wie etwa im deutschen Fußball.

Das sorgt für mehr Planbarkeit: Teams können sich darauf verlassen, auch nach einer schlechteren Saison noch mitmischen zu können. Dadurch ist es leichter Sponsoren zu binden, die sich vor allem wegen der Aufmerksamkeit, die sie durch ihr Sponsoring bekommen, für die Organisationen interessieren. Auch Spieler sollen durch dieses System abgesichert werden, ein festes Mindestgehalt und einen festen Platz in der Szene bekommen.

Einen Nachteil gibt es: Da das System in sich geschlossen ist, können neue Organisationen nur eintreten, wenn sie ein bestehendes Franchise-Team für Millionen von Dollar aufkaufen oder das Franchise erweitert wird. Das kommt vor allem Riot Games oder Blizzard zu Gute, die mit den Ligen das große Geld verdienen. Neue, aufstrebende Teams gibt es in diesem Kosmos nicht. Talente müssen darauf hoffen, entdeckt und unter Vertrag genommen zu werden.

Esport als Grassroots-Phänomen

Valve schlägt mit seinen Spielen Counter-Strike: Global Offensive und Dota 2 einen anderen Weg ein. Generell kann jeder Veranstalter ein Turnier mit einem Valve-Spiel ausrichten – nach dem Laissez-faire-Prinzip lässt der Entwickler Dritten in den Szenen freie Hand.

Obwohl man dort zum Großteil auch die gleichen Teams auf dem höchsten Niveau sieht, sind ihre Turnierplätze keinesfalls fest. Zu den Dota-Majors kann sich beispielsweise jedes Team über Online-Turniere qualifizieren. Selbst absolute Spitzen-Orgas wie Team Secret müssen diesen Weg gehen.

Team Secret war das stärkste Team in der letzten Dota-Saison. Trotzdem muss sich das Squad in dieser Season für Circuit-Turniere wieder ganz neu qualifizieren. Foto: Adela Sznajder

In Counter-Strike gibt es ebenfalls Ligen, die durch Relegationen mehr Rotation auf dem Toplevel erlauben. Bei den Zuschauern sind diese Events dennoch beliebt und es lassen sich auch so interessante Storylines erzählen. Hinter den Big Playern Team Liquid und Astralis stehen ebenfalls viele Sponsoren, die mit den Organisationen über einen langen Zeitraum kooperieren.

Kleinere Marken können es indes etwas schwieriger haben, Geldquellen zu erschließen. Trotzdem sieht man immer wieder neue Squads in Turniere und Ligen vordringen, was ihnen den Durchbruch ermöglichen kann.

Laissez-faire vs. Franchise

Ein Für und Wider der beiden System ist schwer abzuwiegen. Da in Europa traditionell seit Jahrzehnten ein Ligensystem gewöhnlich ist, welches Auf- und Abstiege vorsieht, kommt vielen Zuschauern das Franchise-System vielleicht etwas fremd vor. Dem System wird oft eine zu starke Betonung auf finanzielle Interessen attestiert, wobei die Franchiseholder zu viel Macht inne haben.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass auch Organisationen in Counter-Strike oder Dota finanzielle Interessen haben – ähnlich den Fußballvereinen, welche auch danach streben den Klassenerhalt zu schaffen, um Investoren zu binden und Gelder zu erhalten.

Insgesamt ist Esport ein zu junges Phänomen, um vorhersagen zu können, welches nun das bessere ist. Der Beliebtheit der Titel nach zu urteilen, ist das auch eher zweitrangig – sowohl offene als auch geschlossene Systeme scheinen aktuell auf höchster Ebene zu funktionieren und erfreuen sich großer Beliebtheit.

Bildquelle: Riot Games
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