Ist das ein schlechter Aprilscherz? Eine Antwort auf das Wiederaufwärmen der “Killerspiel”-Debatte

Er Sie ist wieder da! Die gute alte “Killerspiel”-Debatte wird neu aufgewärmt, um alte Klischees und längst widerlegte Thesen mal wieder breitzutreten.

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Video: Was das?! – Radikalisierung in Videospielen?




Die gute alte Klischeeschleuder

Die Elternkolumne beim SPIEGEL behandelte heute das Thema der Erziehung zur Gewaltfreiheit. Bei einem solchen Thema darf die gute alte “Killerspiel”-Debatte natürlich nicht fehlen. So zieht Anna Clauß Videospiele als Beispiel heran, um die “Banalisierung von Brutalität” zu beklagen. “Kindliche Faszination für Gewalt und Sandpanzer” müsse bekämpft werden und dazu müsse man auch über Verbote für Ego-Shooter und Spielzeugwaffen nachdenken.

Schließlich graut es sie schon jetzt vor dem Moment, in dem ihr Sohn darum bittet ein “Ballerspiel auf dem iPad” freizuschalten.

Mir hat es beim Lesen dieser Zeilen auch gegraut. Nicht nur wegen der Tatsache, dass man einen Shooter bitte mit Maus und Keyboard spielen sollte, sondern eher davor wie unreflektiert und scheinbar wissenschaftsfern eine Kolumne beim SPIEGEL ausfallen kann.

 

Was sagt denn die Wissenschaft?

Man könnte meinen, nach den jahrelangen Debatten, die wie auf Bestellung nach Amokläufen immer wieder um “Killerspiele” hochkochen, wüsste mittlerweile jeder über die wissenschaftlichen Ergebnisse Bescheid. Da dies nicht der Fall zu sein scheint, hier einmal der Schnellabriss:

Gewalttätiges und aggressives Verhalten werden nicht allein durch Videospiele ausgelöst. Entscheidend ist vielmehr die Gesamtheit des Umfeldes einer Person. Es gibt keine Kausalität zwischen Gewalt und Videospielen.

Dies ist heutzutage in zahlreichen Studien belegt, nachdem in der Vergangenheit methodisch unsaubere Studien die Debatte prägten. Hier nur einige Beispiele:

Auch der nordamerikanische Fachverband der Psychologen (American Psychological Association) teilt diese Einschätzung und schrieb 2020 in einer Pressemitteilung folgendes:

“Gewalt mit Videospielen in Verbindung zu bringen, ist wissenschaftlich nicht stichhaltig und lenkt ab von anderen Faktoren, wie etwa Gewalterfahrung, die wissenschaftlich als wichtiger Prädiktor von zukünftiger Gewalt belegt ist.”

Was nicht passt wird wohl passend gemacht

Nachdem wir nun uns die wissenschaftliche Basis genauer angeschaut haben, wird ziemlich offensichtlich, dass hier bloß einfache Feindbilder bedient werden. So geht Frau Clauß in ihrer Kolumne auch darauf ein, dass sie bei gewalthaltigen Medien wie der TV-Serie “Game of Thrones” dafür gesorgt hat, dass ihr Sohn nicht mit vor dem Fernseher sitzt.

Warum ist das nicht beim Medienkonsum ihres Kindes auf dem Handy oder dem Computer möglich? Eine Frage, die unbeantwortet bleibt. Stattdessen wird nach der Verbotskeule des Staates gefragt, der so oder so über die USK schon Leitlinien für Medienumgang von Kindern setzt.

Ein weiterer Punkt, der sich scheinbar ihrer Aufmerksamkeit entzieht, ist die Anzahl der weiblichen Spieler der so bitterbösen “Killerspiele”. Das passt schließlich nicht in ihr Weltbild in dem Jugendgewalt in Deutschland vor allem Jungsgewalt ist. Weibliche Profis in Counter-Strike und VALORANT sowie anderen Spielen sind wohl dank ihres zusätzlichen X-Chromosoms doch keine Monster, die auf gefangene digitale Soldaten schießen.

Ich will hier natürlich nicht verleugnen, dass Frauen im Gaming und im Esport einen schweren Stand haben und viel mehr Barrieren überwinden müssen, um es an die Spitze zu schaffen. Eine Thematik, die wir auch behandeln und nicht aussparen.

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Dennoch habe ich das Beispiel herangezogen, um die Absurditäten, in denen sich diese Kolumne verläuft, einfach mal zu veranschaulichen.

 

Gewalt ist kein Spiel

Worin wir uns einig sind, ist die Aussage, dass Gewalt kein Spiel ist, sondern schreckliche Konsequenzen hat. Dieses Problem an Videospielen festzumachen ist jedoch abstrus. Statt tatsächlich Ursprünge von Gewalt zu bekämpfen ist das Aufwärmen der Killerdebatte bloß ein schlechter Aprilscherz.

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Bildquelle: Valve
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