Jugendschutzgesetz und Identitätspflicht für Gamer in der Kritik

Der Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz in Deutschland sorgt für Wirbel. Der game-Verband kritisiert die Vorgehensweise der Regierung. Sie mache im digitalen Bereich keinen Schritt nach vorne, sondern zwei zurück. Währenddessen wird aufgrund von Hasskriminalität über die Identifizierbarkeit im Internet diskutiert.

Reichlich Kritik erntet der Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz vom game-Verband. “Der vorgelegte Entwurf des überarbeiteten Jugendschutzgesetzes ist leider nicht der dringend benötigte Schritt nach vorne”, beginnt Felix Falk, Geschäftsführer des game-Verband, auf Anfrage von esports.com mit seiner Erklärung. Er fügt hinzu: “Statt moderne Jugendschutzansätze, die sich längst bewährt haben, zu unterstützen und weiterzuentwickeln, werden funktionierende Säulen des deutschen Jugendschutzes wie die Alterskennzeichen geschwächt.”

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Felix Falk, Geschäftsführer des game-Verband, hat eine klare Meinung gegenüber dem Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz und der Identifizierbarkeit im Netz.
Jugendschutz in Deutschland könnte große Chance verpassen

Bereits im vergangenen Jahr wurden dem Bundesfamilienministerium zahlreiche Verbesserungsvorschläge zum Jugendmedienschutz entgegengebracht. Die Verbände kamen unter anderem aus den Bereichen Bildung, Familie und Wirtschaft und forderten vor allem Programme für ein vereinfachtes Jugendschutzsystem. Allerdings bleibt eine Realisierung der Vorgaben bislang aus.

“Deskriptoren, technische Jugendschutzsysteme, die Stärkung der Selbstkontrollen und ein stärkerer Fokus auf die Vermittlung von Medien- und Digitalkompetenz hätten aus unserer Sicht zentrale Elemente der Reform sein müssen, kommen im aktuellen Entwurf, wenn überhaupt, jedoch nur am Rande vor”, konkretisiert Felix Falk und verweist auf das Unverständnis weiterer Institutionen, “Darum gibt es derzeit auch viel Kritik unterschiedlichster Akteure an dem Entwurf, unter anderem von den Ländern, Landesmedienanstalten, unabhängigen Juristen und auch den Selbstkontrollen.”

Sollte der Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz in dieser Form bestehen bleiben, sieht Felix Falk kaum positive Entwicklungen: “Insgesamt drohen wir derzeit, eine wichtige Chance zu verpassen, den Jugendschutz in Deutschland moderner, konvergenter und international anschlussfähiger zu gestalten.”

Hasskriminalität im Internet: Müssen Gamer ihre Identität offen legen?

Kinder und Jugendliche könnten bei folgendem Thema ebenfalls involviert sein. In Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern ist am 7. Februar 2020 der Gesetzentwurf zur erleichternden Identifizierbarkeit im Internet beantragt worden.

Ziel ist es, mit der Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) unter anderem die Bekämpfung und Verfolgung von Hasskriminalität zu verbessern. Aus dem Gesetzentwurf geht hervor, dass bei sämtlichen Spieleplattformen mit mindestens zwei Millionen Nutzern die Adressen und Namen mit amtlichem Ausweis angegeben werden sollen. Doch ist das überhaupt umsetzbar?

Auch hierbei ist Felix Falk anderer Meinung: „Die Bundesratsinitiative zur Änderung des NetzDG, mit dem der Zuständigkeitsbereich unter anderem auch auf ‚Spieleplattformen‘ ausgeweitet werden soll, ist aus unserer Sicht nicht verhältnismäßig und wird auch nicht dazu beitragen, Hasskriminalität im Internet effektiv zu bekämpfen.”

“Identifizierungspflicht wäre unverhältnismäßig und nicht zielführend”

Die in der aktuellen Bundesratsinitiative diskutierte Identifizierungspflicht verfehlt laut Felix Falk ihr Ziel. “Bereits heute bieten Spieleplattformen Meldefunktionen an und sanktionieren schädliches Verhalten. Auch kommt es bereits heute zur Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden”, betont der Geschäftsführer des game-Verband. “Diese Möglichkeiten sind deutlich besser geeignet, um die Verbreitung von Hass im Internet zu bekämpfen.”

Mit einer Identifizierungspflicht wären Millionen von Minderjährigen aufgrund eines fehlenden Personalausweises, der in der Regel erst ab 16 Jahren ausgestellt wird, von großen Spieleplattformen ausgeschlossen. Ein kaum umzusetzender Vorschlag. Währenddessen befürwortet Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Klarnamenpflicht. Auch dieser Vorschlag, seinen korrekten Namen öffentlich im Netz preisgeben zu müssen, gilt seit Jahren als umstritten und kaum praktikabel mit weiteren Risiken.

Doch selbst im Falle der Datenerfassung wäre es auch nicht getan. “Die Identifizierungspflicht würde den Registrierungsaufwand für Nutzerinnen und Nutzer stark erhöhen”, so Felix Falk. “Die Folge wäre der Aufbau effektiver Marktzugangsbeschränkungen für neue Anbieter, was zu einer hohen Marktkonzentration auf einzelne Anbieter führen würde. Die Einführung einer Identifizierungspflicht wäre unverhältnismäßig und nicht zielführend.”

Für Falk wurden Games “beim Gesetzgebungsprozess 2017 vollkommen zu Recht vom NetzDG ausgeschlossen.” Denn die Kommunikation innerhalb von Spielen funktioniere für ihn vollkommen anders als in die vom Gesetz betroffenen Sozialen Netzwerke. “So dreht sich innerhalb von Spielen die Kommunikation vor allem um Absprachen mit den Team-Mitgliedern”, sagt Falk. “Dementsprechend flüchtig und wenig meinungsbildend ist der dortige Austausch. Zudem ist dieser nicht teilbar und auch für weitere Nutzerinnen und Nutzer nicht einzusehen. Dementsprechend wenig eignet sich die Kommunikation in Spielen auch für die Verbreitung von Hassbotschaften.”

Informationen zum game-Verband

game ist der Verband der deutschen Games-Branche e.V.. Zu den Mitgliedern von game gehören Entwickler, Publisher und Esports-Veranstalter. Zudem ist game der Mitveranstalter der weltgrößten Computer- und Videospielmesse gamescom.

“Wir sind Gesellschafter der USK, der Stiftung Digitale Spielekultur, der esports player foundation und der devcom sowie Träger des Deutschen Computerspielpreises. Als zentraler Ansprechpartner für Medien, Politik und Gesellschaft beantworten wir alle Fragen etwa zur Marktentwicklung, Spielekultur und Medienkompetenz. Unsere Games bereichern das Leben aller Menschen. Daher ist es unsere Mission, Deutschland zum besten Games-Standort zu machen”, schreibt der game-Verband auf seiner Homepage.

Bildquelle: Dirk Mathesius
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