HeRoMaRinE: “Die ESL Pro Tour wird StarCraft die nächsten Jahre bereichern”

Das neue Jahr brachte gute Neuigkeiten für StarCraft-II-Fans: Die ESL sichert die kompetitive Szene des Echtzeit-Strategiespiels mit einem Dreijahresvertrag der ESL Pro Tour. Wir haben mousesports’ StarCraft-Profi Gabriel “HeroMarine” Segat gefragt, was er von dem neuen System und dem Wechsel von Blizzard zur ESL hält – und warum Terraner im letzten Jahr nicht gewinnen konnten.

Gabriel “HeroMarine” Segat gilt als einer der besten deutschen StarCraft-II-Spieler. Der 22-jährige Terraner spielt seit 2011 für die deutsche Organisation mousesports, für die er auch als Streamer tätig ist.

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StarCraft gilt als eine der ältesten Disziplinen im Esport. Seit Veröffentlichung des zweiten Teils wird in der kompetitiven Szene die World Championship Series (WCS) abgehalten. Unter der Schirmherrschaft des Entwicklers Blizzard Entertainment veranstaltete die ESL bereits in den vergangenen Jahren Turniere der WCS. Nun übernimmt die ESL die komplette Wettbewerbsserie.

Die ESL Pro Tour ist eine jährliche Turnierreihe, die nun in Counter-Strike: Global Offensive, StarCraft II und Warcraft III: Reforged abgehalten wird. Im Verlauf der Turniere können Spieler in ihrer jeweiligen RegionPunkte sammeln und sich damit für das Finale, der Masters Championship bei der IEM Katowice, qualifizieren.

Weitere Informationen können auf der offiziellen Seite der ESL gefunden werden.

eSports.com: HeroMarine, wie bewertest du das neue ESL Pro Tour-System?

HeroMarine: Das System ist zwar ähnlich zum vergangenen WCS-System. Die veränderte Punkteaufteilung wirkt aber auf jeden Fall besser. Pro Event erhält man entsprechend Punkte, um sich für das Finale zu qualifizieren.

Da es ein Dreijahresvertrag ist und nur der Ablauf des ersten Jahres bekannt ist, kann man das jedoch momentan noch nicht komplett beurteilen. Im Vergleich zum vorherigen System ist es sicher gleich gut, wenn nicht sogar besser durch die Punkteaufteilung und mehr Offline-Events.

Es gibt nun vier große Turniere, letztes Jahr nur drei. In diesen vier Turnieren sammelt man Punkte für das Grand Final, das nun in Katowice stattfindet und nicht mehr auf der BlizzCon.

eSports.com: Findest du es eine positive Änderung, dass das Finale nicht mehr auf der BlizzCon ausgetragen wird?

HeroMarine: Mir persönlich ist das nicht so wichtig, ich finde es sogar besser. Die BlizzCon hat natürlich das Branding von Blizzard. Wenn man mit der WCS abschließen möchte, sollte man auch die BlizzCon für die Global Finals rausnehmen. Katowice ist ein prima Ersatz. Es wurde auch bereits bestätigt, dass StarCraft weiterhin Teil der BlizzCon sein wird. Nur auf welche Art ist noch nicht bekannt.

eSports.com: Welche Veränderungen erwartest du, nachdem Blizzard nicht mehr der Hauptakteur hinter den Turnieren ist?

HeroMarine: Die ESL wird sicherlich versuchen, ihr eigenes Branding voranzutreiben. Wenn man sich ein WCS Turnier aus 2017 und eines aus 2019 anschaut, erkennt man kaum einen Unterschied. Alle Turniere sind von der Struktur und Produktion recht ähnlich. Die ESL wird vermutlich etwas mehr Freiraum bieten und auch Caster können etwas freier reden. Es ist prinzipiell etwas Neues und alleine andere Overlays bringen frischen Wind rein oder andere Titel wie DreamHack Masters, statt immer nur “WCS Summer”. Das Turnier könnte damit auch ansprechender für Fans sein, die bis jetzt eher Zuschauer der ESL-Counter-Strike-Turniere waren.

eSports.com: Du hast die ersten beiden ESL Open Cups gewonnen. Können durch die ESL Open Cups allgemein Spieler motiviert werden, sich aktiv in der kompetitiven Szene zu beteiligen?

HeroMarine: Ich glaube, für den Nachwuchs ist der ESL Open Cup nicht so wichtig. Ich finde es jedoch sehr gut, dass jeder daran teilnehmen kann und auch die Möglichkeit hat, gegen die besten Spieler anzutreten. Früher gab es so etwas nicht, man konnte vielleicht mal bei einem Qualifier mitmachen. Davon wurden aber nur vier pro Jahr abgehalten, der Cup ist wöchentlich.

Für Nachwuchsspieler ist es zwar nicht die beste Chance, um Preisgeld und Punkte zu erspielen oder um sich stark zu verbessern, allgemein sind die Cups für die Community jedoch sehr gut. Es geht eher um Anerkennung bei diesen Turnieren.

Der Fakt, dass es die nächsten drei Jahre StarCraft kompetitiv mit hohen Preisgeldern geben wird, ist viel bedeutender, denn das bringt Sicherheit. Damit haben sie die Gewissheit, dass sie noch drei Jahre die Chance haben, es kompetitiv zu schaffen.

eSports.com: Reynor und Serral gelten derzeit als beste Spieler außerhalb Koreas. Auch du hast oft Probleme gegen die beiden. Liegt das an ihrem Skill oder findest du, dass Terraner gegen Zerg (TvZ) aktuell ein schwieriges Matchup für die Terraner ist?

HeroMarine: Das letzte Mal, dass ich gegen Reynor richtig gespielt habe, war auf den Global Finals. Dazwischen ist ein neuer Patch gekommen. Grundsätzlich ist die Balance im TvZ in Ordnung, allerdings ist Balance immer auf verschiedenen Ebenen zu sehen. Sprich, auf höchstem Niveau hat die Balance den höchsten Einfluss. In die Top acht zu kommen als Terraner, ist noch machbar. Aber als Terraner ein Turnier zu gewinnen, das war besonders zu der Zeit der Global Finals nicht machbar.

Ich glaube aber, dass Serral nie wegen der Balance gewonnen hat. Immer sang und klanglos 0:3 unterzugehen, liegt aber sicher auch nicht nur an deren Skill.

eSports.com: Welche anderen Balance-Issues existieren denn allgemein momentan?

HeroMarine: Allgemein würde ich Balance immer auf Skill-Ebenen betrachten. Je weiter du im Skill gehst, desto eher haben Außenfaktoren wie Balance Einfluss auf dein Spiel, weil man weniger Fehler macht. Das hat man besonders an Resultaten im vergangenen Jahr gesehen, die Terraner sind insbesondere gegen Ende hin abgefallen. Auf allerhöchstem Niveau war Terraner definitiv die schwächste Rasse. Protoss war ganz gut gegen Terraner und konnte demnach noch ins Finale kommen, aber wirklich gewinnen konnte nur Zerg.

Was schlimm ist an der Balance im TvZ: Man kommt als Terraner nicht ins spätere Spiel, weil die gesamte Map schon mit Creep bedeckt ist.  Man versucht mit dem besten Timing zu gewinnen. Das macht es schwer gegen die Allerbesten, weil die nicht auf ein Timing reinfallen.

eSports.com: Wirst du durch die gesicherte Zukunft von StarCraft II uns die nächsten drei Jahre erhalten bleiben?

HeroMarine: Ich mache das immer abhängig von den Resultaten, wenn ich weiterhin gut performe wie in den letzten Jahren hätte ich kein Problem, das Ganze weiter Vollzeit durchzuziehen. Man muss aber immer abwägen, wie sehr sich das lohnt. Viele StarCraft-Spieler verdienen deutlich unter dem Durchschnittseinkommen.

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man die Transition machen muss. Und einen anderen Weg einschlagen sollte, ob das Studium ist oder ein anderer Job im Esport. Aber die Transition zu machen, ist wichtig, da ich in StarCraft nicht alt werde. Das Spiel wird wahrscheinlich nicht so explodieren, wie es bei Counterstrike, LoL oder Dota 2 der Fall ist. In den Spielen kann man Millionär werden.

Ich kann mir schon vorstellen, dass ich an jedem Turnier die nächsten drei Jahre teilnehmen werde, allerdings fange ich nächstes Jahr vielleicht an, Parttime zu spielen.

eSports.com: Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gebühren dir.

HeroMarine: Ich denke, die ehemalige WCS ist bei der ESL in guten Händen. Die ESL hört mehr auf die Community und die ESL Pro Tour wird StarCraft die nächsten Jahre sicher bereichern.

Foto: mousesports
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