ESLM-Boss Kohlhaas: Internet? “Osteuropa ist uns um Jahre voraus”

Esport-Turniere in der Ausnahmezeit der Corona-Pandemie zu produzieren ist eine ganz besondere Herausforderung. Plötzlich wird wieder online gezockt. Während dem Finale der ESL Meisterschaft in CS:GO konnten wir dazu mit Christoph Kohlhaas, Product Manager bei der ESL, sprechen.

Neben der Umstellung auf Online-Formate, gab uns Christoph Kohlhaas auch ausführlich Auskunft zur Bedeutung der ESL Meisterschaft und anderen Themen.

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Die Bedeutung der ESL Meisterschaft

Die ESL Meisterschaft mit vier verschiedenen Disziplinen (CS:GO, Dota 2, WarCraft III, Clash of Clans) gehört seit ihrem Beginn 2002 (damals als ESL Pro Series) zu den größten deutschsprachigen Turnieren.

esports.com: Was für eine Bedeutung hat die ESL Meisterschaft für die deutsche Szene?

Christoph Kohlhaas: “Die ESL Meisterschaft ist die Königsklasse des deutschen Esports und stellt die deutsche Meisterschaft dar. Darüber hinaus zeigt sich immer wieder, dass Spieler aus der Meisterschaft sich mit guten Leistungen auch für internationale Wettbewerbe und Mannschaften empfehlen können.

Diese lokale Graswurzelarbeit, um neuen Talenten den Weg nach oben zu ermöglichen, ist sehr wichtig und wir erhalten auch viel Zuspruch dafür. Die Meisterschaft erhält auch wegen unserer Online-Formatanpassung besonders viel Zuspruch, dies liegt aber auch daran, dass wir alle an einem Strang ziehen.

Sowohl Teams, Community als auch wir als Organisator arbeiten zusammen, um der ESL Meisterschaft auch ihre herausragende Bedeutung zu geben. Dementsprechend hoch ist unser Standing. Trotzdem dürfen wir nicht vergessen, dass wir selbst im Vergleich zu Nischensportarten noch sehr klein sind. Vor allem im Bezug auf Sponsoren und auch lineares Fernsehen sieht man das immer wieder.”

Herausforderungen der Online-Umstellung

Ein Esport-Event von der Größe der ESL Meisterschaft auf die Beine zu stellen erfordert viel Planung und Arbeit im Vorfeld zum Turnier. Wir befragten Kohlhaas zu den Herausforderungen der Umstellung:

esports.com: Wie schwierig war es die ESL Meisterschaft in Corona-Zeiten zu planen?

Christoph Kohlhaas: “Die ESL Meisterschaft in kürzester Zeit umzubauen war schon eine Herausforderung. Normalerweise haben wir einen Planungsprozess von sechs Monaten für die Meisterschaft. Aufgrund der Pandemie mussten wir nun kurzfristig planen mit verschiedensten Szenarien und Deadlines.

Da die Meisterschaft ihre Finalspiele in Zusammenarbeit mit großen Veranstaltungen wie der gamescom plante, mussten wir schnell und flexibel handeln. Dementsprechend haben wir zahlreiche Szenarien entworfen: Vom “Worst Case” bei dem alle von zu Hause aus produzieren, spielen und kommentieren müssen, bis hin zum “Best Case” eines Turniers mit Teams vor Ort aber ohne Zuschauer.”

Was war die größte Herausforderung bei der Planung?

“Die größte Herausforderung für die Planung waren letztendlich die Teams. Zwar ist die Meisterschaft auf den deutschsprachigen Raum fokussiert, aber auch hier gibt es Teams mit mehreren Nationalitäten. Mit den Reisebeschränkungen und unterschiedlichen Lockdown-Zeiten in den Ländern war die Koordination hier besonders schwierig.”

Welche Lehren wurden für die Planung aus der Corona-Pandemie gezogen?

“Auch bei der ESL kam es durch Corona zu einer Digitalisierung und Optimierung der Prozesse. Wir hatten jedoch den Vorteil, dass wir seit jeher schon sehr stark aufgestellt waren in diesem Bezug. Dementsprechend gestaltete sich die Umstellung auf Home Office und Online-Arbeit auch vergleichsweise einfach. Bei der Kommunikation mit Teams und Anpassungen unserer Formate an die Online-Sitaution haben wir viel gelernt und stehen nun besser da für die Zukunft.”

Was sind die größten Unterschiede zwischen einer Online und Offline-Produktionen?

“Bei einer Online-Produktion gibt es ganz andere Herausforderungen als bei Offline-Events. Zunächst sind das die typischen technischen Probleme. Trotz der Fortschritte kann es natürlich weiterhin zu Serverproblemen kommen, die zu Lags oder hohen Ping-Werten führen.

Ein wichtiger Aspekt ist auch der Standort des ausgewählten Spielservers. Was viele jedoch vergessen ist, dass nicht nur alles online gespielt wird, es wird auch alles online produziert. Dies erschwert nicht nur die Kommunikation zwischen Admins, Produktion und Spielern. Auch unsere Berichterstattung steht vor anderen Problemen. Bei Interviews vor oder nach Spielen stellen sich Fragen, die bei einem LAN-Turnier nicht vorkommen: Beispielsweise ob denn die Webcam des Spielers zuhause funktioniert.

Ein anderer Faktor, den Fans nicht unbedingt beachten, ist der Wegfall von Sponsorenflächen bei Online-Events. Nicht nur klassische Werbeflächen reduzieren sich, auch die Verkaufs- und Ausstellungsstände vor Ort verschwinden und damit brechen auch Erlöse weg. Zum Glück haben wir sehr gute und loyale Partner, die uns verständnisvoll in der momentanen Situation unterstützen und bereit sind Kompromisse einzugehen.”

In Deutschland gibt es eine beständige Diskussion zum Zustand der digitalen Infrastruktur im Land. Hat sich diese bisher auf die ESL Meisterschaft ausgewirkt?

“Bei uns im ESL Hauptquartier haben wir zum Glück einen sehr guten Anschluss und deshalb keine Probleme mit der Online-Arbeit. Auf der Seite der Spieler kam es aber öfter zu größeren Problemen, die auch der Infrastruktur geschuldet sind. Da gab es Fälle in denen Spieler vereinzelt mit ihrer 3G-Handyverbindung spielen mussten, da ihr Internetanschluss nicht funktionierte. Solche Situationen machen es natürlich für einen Organisator wie uns schwierig, aber in Deutschland sind hier viele Baustellen.

Vor allem wenn man den Blick auf einige unserer Nachbarn wirft wie Dänemark oder Schweiz sind die uns um Einiges voraus. Natürlich sind sie kleiner was Fläche und Bevölkerung angeht, aber selbst osteuropäische Länder sind uns zum Teil Jahre voraus.”

In den letzten Jahren gab es im Esport eine starke Verschiebung von Online-Events weg, hin zu LAN-Turnieren. Lässt sich im Verlauf der Corona-Pandemie nun eine umgekehrte Stoßrichtung erkennen?

“Die Online-Ligen finden im Angesicht der Umstände natürlich guten Anklang. In gewisser Weise ist dies auch ein Schritt “Back to the Roots” wie unser CEO Ralf Reichert es gesagt hat. Aber das was den Esport ausmacht, die Emotionalität funktioniert nicht remote.

Packende Atmosphären wie bei der ESL One Cologne lassen sich einfach nicht online reproduzieren. Esport wird auch nach der Krise weiter in Richtung Offline-Events gehen.”

Stimmt ihr den Aussagen von Christoph Kohlhaas zu? Sagt es uns über Facebook, Instagram, Twitter oder Discord!

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Bildquellen: Helena Kristiansson, Stephanie Lieske/ESL
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