“Es ist surreal” – Wie NAVIs CEO dem Krieg in der Ukraine trotzt

Der Krieg in der Ukraine wütet nun seit einem Monat ohne Aussicht auf eine schnelle Beendigung. Inmitten der unzähligen Tragödien des Krieges leidet auch der Esport unter der Situation.

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Auch Hauke hat sich im Was Das?! im eFernsehen mit der Situation in der Ukraine beschäftigt:




Esport in Kriegszeiten

Viele Teams haben ihre Aktivitäten eingestellt oder sind an sicherere Orte umgezogen, aber einige haben sich auch dazu entschlossen zu bleiben und ihre Mitarbeiter und ihr Land zu unterstützen. Die ukrainische Esport-Organisation Natus Vincere gehört zu den schärfsten Kritikern der russischen Invasion und die Spieler und Mitarbeiter befinden sich nun in der absurden Situation ein Esport-Team am laufen zu halten, während der Krieg vor der Haustür wütet.

Es ist surreal, dass das im 21. Jahrhundert passiert.

“Es ist surreal, dass das im 21. Jahrhundert passiert, während wir Metaversen, künstliche Intelligenz und mehr haben”, sagt uns NAVIs CEO Yevhen “HarisPilton” Zolotarov. Surreal ist vielleicht auch der einzige Weg, um Zolotarovs persönliche Erfahrung zu Kriegsbeginn zu beschreiben:

“Für mich begann alles vielleicht 500 Meter von meinem Haus entfernt. Ich lebe in der Nähe von Kiew und es gibt dort einen Flughafen, den die Russen nutzen wollten (Anm. der Redaktion: Flughafen Hostomel), sodass Flugzeuge und Hubschrauber direkt an meinem Haus vorbeiflogen. Ich habe ein neun Monate altes Baby, dementsprechend sind wir am nächsten Tag direkt morgens aufgebrochen. Ich hatte keine Wahl und ich weiß nicht was aus meinem Haus geworden ist.”

Vor dem Krieg hatte Natus Vincere eigene Büros in der Hauptstadt Kiew, aber mit Beginn der Invasion ist der Großteil der Mitarbeiter in den Westen der Ukraine umgezogen. Teile der Finanz- und Rechtsabteilung sind momentan in Zypern, wo sie einige Tage vor dem Einmarsch der Russen hingeschickt wurden. Aber vereinzelt sind einige Mitarbeiter noch in der umkämpften Hauptstadt.

 

“Wir können weitermachen. Wir sind relativ sicher.”

Dadurch kann NAVI trotz der russischen Luftangriffe weiter arbeiten. Aber auch im relativ ruhigen Westen des Landes dominiert der Krieg die tägliche Arbeit. “Es ist schwierig unseren Sponsorenverpflichtungen nachzukommen. Nicht nur technisch.”  Zolotarov seufzt bevor er fortfährt: “Es ist unmöglich Werbung zu machen, während diese Dinge geschehen.”

Aber trotzdem kann NAVI weiterarbeiten, da sie auch ihre Partner im Westen unterstützen. Nicht nur bei der Aussetzung von Verpflichtungen, einige haben auch finanzielle Unterstützung und mehr angeboten, sodass die Organisation zumindest in Bezug auf die Finanzen stabil dasteht.

Dennoch ist an eine normale Routine nicht zu denken. Vor allem auf Social Media überschattet der Krieg alles.

Wie lang NAVI die Arbeit aufrechterhalten kann, ist für den CEO schwierig zu beurteilen. Zwar habe man keine finanziellen Sorgen und halte weiterhin alle Mitarbeiter, auch solche, die der ukrainischen Armee beigetreten sind, aber niemand wisse was als nächstes passiere.

Schließlich ist auch der Esport völlig unsicher geworden. Manche Teams wie das CS:GO-Team sind außer Land und können weiterhin an Turnieren teilnehmen. Andere, wie NAVIs Dota 2-Abteilung, können zwar theoretisch spielen, nur gibt es keine Saison, da Valve beispielsweise den Dota 2-Esport in Osteuropa ausgesetzt hat.

 

NaVis Unterstützung für die Ukraine

Trotz dieser Lage versucht Natus Vincere sowohl die eigenen Mitarbeiter als auch die ukrainische Armee und humanitäre Organisationen zu unterstützen.

Einige Mitarbeiter sind den ukrainischen Streitkräften beigetreten und das Team versucht sie so gut es geht über Crowdfunding und mehr zu unterstützen. Die Fahrzeuge der Firma sind auch unterwegs, um dringend nötige Vorräte zu verteilen und humanitäre Missionen zu unterstützen.

 

Ein Riss quer durch Osteuropa

Natus Vincere ist eine der traditionsreichsten Esport-Teams in Osteuropa und hat dementsprechend natürlich auch russische Spieler unter Vertrag. Am bekanntesten ist wahrscheinlich die Ukrainisch-Russische Mannschaft rund um CS:GO-Superstar s1mple.

Eine Situation, die vorprogrammiert scheint für Probleme. Aber für viele der russischen Spieler ist sie einschneidend. Viele haben seit Jahren für NAVI gespielt, einige leben sogar in der Ukraine und werden dementsprechend von ihrem eigenen Land bombardiert.

Was für Natus Vincere aber wichtiger ist als Staatsbürgerschaft ist die eigene politische Meinung und Einstellung der Profis. Sorgen macht sich Zolotarov vor allem um diejenigen, die noch in Russland sind. Aufgrund der neuen drakonischen Zensurgesetze können weder er noch die Spieler dort auch nur irgendetwas sagen.

Die Situation in Russland hat natürlich weitgreifende Auswirkungen auf die gesamte osteuropäische Szene. Viele Top-Teams wie Virtus.Pro oder Gambit haben Verbindungen zur russischen Regierung und sind daher von den Sanktionen betroffen. Für Zolotarov ist der russische Esport daher so gut wie zerstört:

Ich glaube die “CIS”-Region gibt es nicht mehr. Osteuropa wird es weiter geben, aber sehr viel kleiner als zuvor

Selbst private Teams sind betroffen und verlassen das Land. Letztendlich geht Zolotarov davon aus, dass russische Spieler zumindest ihren Wohnsitz außer Landes verlegen müssen, um ihre Esport-Karriere am Leben zu halten.

 

Dankbarkeit für westliche Unterstützung

Esport als Industrie hat nur sehr beschränkt Einfluss auf den Krieg in der Ukraine. Dennoch ist Zolotarov dankbar für die bisher erhaltene Unterstützung in der Szene. Nicht nur finanziell, auch bei Produktion und mehr gibt es Hilfe aus dem Westen.

Zwar sind diese nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und können die Situation nicht entscheidend beeinflussen, aber dennoch freut sich Zolotarov darüber. Für die Fans weltweit hat er eine einfache Botschaft:

“Ich habe keine Vorhersage wann es endet, aber ich glaube alles wird gut werden. Ich hoffe wir werden stärker aus der Situation hervorgehen und bitte feuert weiterhin NAVI an.”


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Bildquelle: Natus Vincere, ESL/Helena Kristiansson
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