Dopingplage durch Adderall? Es wird Zeit für einheitliche Standards im Esport

Doping hat, wie auch im “traditionellen” Sport, absolut nichts im Esport verloren. Das Problem rückt nun wieder ins Rampenlicht, nachdem Apex Legends-Profi Phillip “ImperialHal” Dosen von TSM einen vorwurfsvollen Tweet veröffentlichte.

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Was ist “Adderall”?

Die Vorwürfe fokussieren sich auf das Medikament “Adderall”. Ein Amphetamin-Mittel, welches hauptsächlich genutzt wird, um die Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder Narkolepsie zu bekämpfen.

Adderall erhöht die Aufmerksamkeit, verbessert die Reaktionszeit, stärkt die Muskeln und sorgt für weniger Müdigkeit. Wirkungen, die ohne viel Fantasie natürlich auch für verbesserte Leistungen im Sport und Esport missbraucht werden können. Daher sind die Bestandteile von Adderall auch von der globalen Anti-Doping Agentur auf die Liste der verbotenen Substanzen während Wettbewerben gesetzt worden.

Außerhalb der kontrollierten medizinischen Anwendung ist Adderall potenziell gefährlich, da das Mittel überdosiert nicht nur zu Kreislaufproblemen, sondern auch Psychosen führen und bei regelmäßiger Überdosis süchtig machen kann.

Adderall weit verbreitet bei FPS-Profis?

Für den Esport gibt es momentan keine globale Anti-Doping Agentur, die sich mit der Thematik befassen könnte. Stattdessen liegt die Verantwortung dafür bei den einzelnen Turnierveranstaltern wie etwa Riot, ESL oder BLAST.

ImperialHals Tweet war natürlich hauptsächlich an die Apex Legends-Szene gerichtet, aber auch andere Shooter scheinen anfällig zu sein für den Missbrauch von Adderall. Nicht verwunderlich wenn man sich die Effekte des Mittels vor Augen hält, und bedenkt wie in Shootern manchmal Bruchteile von Sekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden können.

So gibt es seit Jahren immer wieder Gerüchte und Berichte über Adderall-Missbrauch in Esport-Titeln wie etwa Call of Duty oder anderen FPS-Titeln.

CS:GO – Vom C9-Skandal zum Vorreiter

Der vielleicht größte Skandal im Zusammenhang mit Adderall war die Enthüllung vom Profi Kory “Semphis” Friesen, dass er und sein damaliges gesamtes Team (Cloud 9) bei der damaligen ESL Katowice Adderall eingenommen hatten. Ein Sturm der Entrüstung brach los und führte schließlich dazu, dass die ESL in ihrem Regelwerk spezifische Anti-Doping-Paragraphen einführte und auch regelmäßig Dopingtests auf ihren LAN-Turnieren durchführt.

Seitdem sind, zumindest in der CS:GO-Szene, keine neuen Berichte und Gerüchte über Adderall-Missbrauch aufgetaucht. Trotz dieses Beispiels für zunehmende Professionalisierung hat es außerhalb von CS:GO keine Nachahmer für diese Anpassungen gegeben.

Spezifische Anti-Doping-Paragraphen und Maßnahmen wie Dopingtests sucht man bei vielen anderen großen Turnieren aus der Szene (etwa dem Regelwerk von Riots LEC) leider vergeblich. Da muss man sich auch nicht mehr darüber wundern, dass Esportler, die um hohe Preisgelder und Auszeichnungen kämpfen, gewillt sind mit medizinischen Mitteln nachzuhelfen.

Die Esport-Szene und Turnierorganisatoren sind zurecht in der Verantwortung ein faires kompetitives Umfeld für saubere Wettkämpfe zu schaffen.

Was steht einheitlichen Standards im Weg?

Vor allem mit dem Beispiel aus der CS:GO-Szene vor Augen, erscheint es geradezu absurd, dass andere Spiele nicht nachgezogen haben.

Ein Argument ist natürlich der Kostenaspekt für die Turnierorganisatoren. Schließlich muss eine strikte Anti-Doping-Richtlinie auch umgesetzt werden und dies gelingt nur mit unangekündigten Tests während der Turniere, die dann dementsprechend schnell auch ausgewertet werden können – von einem Anti-Doping-Team vor Ort.

Ausgaben, die sich kleinere Szenen vielleicht gar nicht leisten können oder nicht gewillt sind auszugeben. Für größere Organisatoren wie etwa Riot bei den LoL und VALORANT-Turnieren oder Activision Blizzard für Call of Duty und Overwatch gibt es jedoch keine solche Ausreden.

Da ist es schlicht der fehlende Wille, das Problem zu benennen und zu bekämpfen. Hier ist es dringend notwendig, dass die Szenen selber einschreitet, um die längst überfällige Professionalisierung voranzutreiben.

Das Fehlen einer globalen esportspezifischen Anti-Doping-Agentur hindert schließlich keinen Organisator daran Eigeninitiative für einen sauberen Esport auszuüben.


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Bildquelle: NeB_4o1 (2017) über Wikimedia Commons

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