Die Königsdisziplin des eSport ist in Vergessenheit geraten

Quake war einst Pionier und König des eSport zugleich. Spektakuläres Gameplay, der wohl höchste mechanische Skill im eSport und das einfach zu verstehende Prinzip machen es eigentlich zum perfekten Zuschauersport. Doch irgendwo in der Geschichte des eSport ist das Spiel am Wegesrand zurückgelassen worden. Die neueste Version, Quake Champions, ist mittlerweile ein kleiner Nischentitel, der nur noch treue Hardcore-Fans anzieht. Wir haben den amtierenden Weltmeister Marcel „k1llsen“ Paul gefragt, was es damit auf sich hat.

 

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k1llsen, Quake war mal die Königsdisziplin des Esport, mittlerweile spielt es kaum noch jemand. Was ist mit der Popularität von Quake passiert?

Shooter haben es mit der Popularität im Allgemeinen schwer. Das einzige Spiel, das heraussticht, ist CS:GO und das ist kein Arena Shooter. Bei Quake war es auch schon immer so, dass es mehr Zuschauer als aktive Spieler gab. Ich kann mich daran erinnern, dass Quake-Live-Matches bei den Intel Extreme Masters den Counter-Strike-Matches bei den Zuschauerzahlen regelmäßig den Rang abgelaufen haben, obwohl Quake nur ein Zehntel der Playerbase hatte. Viele Leute haben eben Angst vor der hohen Einstiegshürde und viel mehr Spaß daran, einfach zuzuschauen.

Kann ein eSport ohne Playerbase weiter existieren, also als fast reiner Zuschauersport?

Eine größere Playerbase hilft natürlich immer dabei, mehr Zuschauer zu generieren. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass Quake als Zuschauer-Esport überlebt. Was im Spiel passiert, ist für Zuschauer nach fünf Minuten zuschauen sehr einfach zu verstehen und man sieht sofort, welch krasser Skill dazugehört. Dafür muss allerdings die Marketing-Trommel noch mehr gerührt werden, wenn es beispielsweise um die Ankündigung der Spieltermine und Ergebnisse geht.

Wenn du dir die glorreiche Vergangenheit von Quake anschaust, bist du mit dem derzeitigen Stellenwert von Quake im eSport zufrieden?

Nein, auf keinen Fall. Ich denke gerade aufgrund des hohen Skills, der benötigt wird, müsste es eigentlich wesentlich höher stehen. Wenn man auch weiß, welche Pionierarbeit Quake im Esport geleistet hat, ist es schade um das Spiel und alleine schon um seine Historie. Aber die Zeiten haben sich eben geändert. League of Legends hat ab 2009 viele Spieler weggelockt und Quake ist abgefallen. Mittlerweile haben die Spieler sich an das vergleichsweise lockere Spielprinzip gewöhnt und wollen wohl kein Spiel wie Quake mehr spielen. Da muss man jederzeit innerhalb von Sekundenbruchteilen reagieren können und ein Blinzeln kann einem schon zum Verhängnis werden. Aber am Ende liegt es natürlich auch am Publisher und was der mit dem Spiel macht.

Die rückläufige Entwicklung trifft dich ja auch persönlich. Du hast in diesem Jahr die Quakecon gewonnen und 10.000 US-Dollar Preisgeld bekommen. Vor zwei Jahren gab es noch 100.000 US-Dollar für den Sieger. Löst das etwas Bitterkeit aus?

Ja, auf jeden Fall. Es ist natürlich schade, nur eine „kleine Nummer“ zu bekommen. Aber für mich ist es trotzdem eine „große Nummer“ und ich habe hart dafür gearbeitet. Es ist wie es ist und sollte wohl so kommen. Am Ende zählt für mich aber der Titel. Die Personen, die es geschafft haben, die Quakecon zu gewinnen, kannst du an einer Hand abzählen. Und ich bin froh, einer von ihnen zu sein.

Es kommt immer wieder die Frage auf, wie lange Spieler im Esport auf höchstem Niveau mithalten können und ob zum Beispiel die Reaktionsfähigkeit mit der Zeit abnimmt. Quake ist wahrscheinlich das Spiel, das die schnellsten Reaktionen erfordert, hat aber absurderweise die wohl älteste Pro-Szene. Hast du eine Antwort auf die Frage nach dem Alter?

Ja, Quake hat wahrscheinlich die ältesten Pros. Der Durchschnitt wird irgendwo bei 28 oder 29 liegen. Das kennt man aus anderen Spielen natürlich nicht so. Und das, obwohl man bei Spielen wie League of Legends nicht so schnell schalten muss. Natürlich muss man da auch schnell sein, ich will hier niemandem auf die Füße treten, aber schaut euch einfach mal Quake an und wie schnell dort die Situationen ablaufen.

Bisher kann ich aber noch keinen Unterschied in Sachen Reaktionsgeschwindigkeit feststellen. Das Einzige, was ich mit den Jahren merke, ist, dass das Lernen von neuen Sachen doch ein bisschen länger dauert. Ich muss bestimmte Situationen nicht nur ein bis zwei Mal machen, damit sie im Kopf sind, sondern eben vier oder fünf Mal. Aber das kann man durch Erfahrung und ruhige Nerven in Turnieren kompensieren. toxjq ist in unseren Reihen immer noch der krasseste Aimer und der ist dieses Jahr 35 Jahre alt geworden.

Gibt es Befürchtungen, dass die betagte Pro-Szene irgendwann ausstirbt?

Wir haben schon ein paar Frischlinge in die Pro-Szene reinbekommen, wie beispielsweise den Italiener vengeurR oder RAISY. clawz ist auch noch sehr jung, auch wenn man ihn schon aus Quake Live kannte. Er hat 2017 und 2018 zwei Mal in Folge im 1on1 die Quakecon gewonnen – das ist mehr als respektabel. Sonst sieht man schon immer die gleichen, alten Gesichter, wie mich, Cooller, rapha, Cypher und toxjq. Wir sind natürlich alle schon sehr lange in Quake unterwegs, ich zum Beispiel seit 2003. Aber wir lieben Quake im Eins-gegen-Eins und das direkte Duell mit dem Kontrahenten einfach. Das ist auch der Grund, aus dem ich mich entschieden habe, mit Quake Champions wieder voll einzusteigen. Und diesen Schritt bereue ich trotz allem nicht.

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