Deutscher Rainbow-Six-Profi korey: “Geld ist nur ein Bonus”

Lukas “korey” Zwingmann kämpft am Wochenende um den Titel der Rainbow Six: Siege Pro League Finals. Unmittelbar vor dem Start des Highlight-Events in Japan sprach der 19-Jährige aus Gotha im Interview mit eSports.com über die Chancen seines Teams, die Förderung der Szene und warum die Erhöhung der Preisgelder für ihn nur nebensächlich ist.

eSports.com: In den Pro League Finals geht es für dich um einen der wichtigsten Titel in Rainbow Six: Siege. Ist der Sieg für dich auch das groß erklärte Ziel?

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korey: Ja, auf jeden Fall. Der Titel wäre jetzt natürlich perfekt. Das war früher aber noch nicht der Fall. Die Zielsetzung für Titel hat sich bei mir erst entwickelt.

eSports.com: Das liegt vor allem an der Leistung deines Teams Giants Gaming in der Pro League Europe. Auf dem Weg in die Finals habt ihr die zwei weltbesten Teams Empire und G2 Esports hinter euch gelassen. Beide hatten in den letzten beiden Jahren jeweils einmal die Pro League gewonnen. War dieser Erfolg auch überraschend auch für dich?

korey: Eine große Überraschung war es für mich nicht unbedingt. Wir haben uns sehr gut entwickelt. Wir hätten in Europa sogar Erster werden können, hatten aber am letzten Spieltag gegen Empire verloren. Diese Niederlage ändert aber nichts für uns. Vorher war es wichtiger, dass wir gegen G2 mit dem Unentschieden die Finals gebucht hatten.

eSports.com: Am 9. November geht es bei den Finals in Tokoname im Viertelfinale gegen Aerowolf aus Singapur. Wie machbar ist dieser Gegner und die Konkurrenz bei den Finals?


korey:
Aerowolf ist schlagbar. Unser größter Gegner könnte aber der Druck werden. Der Sieg ist drin, wir sind derzeit ziemlich selbstbewusst. Doch wir dürfen uns keinen Stress machen. Wir haben noch einen schlechten Ruf, dass wir auf LAN-Events nicht gut spielen.
DarkZero Esports schätze ich als größten Konkurrenten ein. Ninjas in Pyjamas wird aufgrund von VISA-Problemen keine guten Chancen haben, Na`Vi ist gut aber unerfahren.

eSports.com: Seit 2018 wurde die verstärkt Pro-Szene gefördert, wurde grundsätzlich professioneller in der Organisation und in der öffentlichen Darstellung. Mittlerweile geht es dir ganz gut oder?

korey: Ich kann von meinem Gehalt leben. Vorher war es aber nicht so, dass man viel übrig hatte. Letztes Jahr ist das Spiel enorm gewachsen, viele Programme und Highlights haben zur Förderung beigetragen. Auch inhaltlich ging es bergauf und hat im Competitive-Bereich die Leute angelockt.

eSports.com: Vor den Pro League Finals hattest du mit Giants Gaming in der French League triumphiert: Die richtige Generalprobe?

korey: Der Sieg ist schön, aber die Vorbereitung auf Japan war klar priorisiert. Um ehrlich zu sein, hatten wir immer nur die Pro League Finals vor Augen. Wir wussten in Frankreich aber um die Gegnerteams aufgrund der guten Arbeit unseres Coaches.

eSports.com: Die Trainingszeit ist sehr intensiv für dich derzeit. Beispielsweise am Montag hattest du von 14 bis 23 Uhr trainiert. Worauf wurde Wert gelegt und wie hält man die Konzentration hoch?

korey: Die Trainingszeit war jetzt natürlich deutlich mehr als sonst. Vier Tage pro Woche hatten wir uns intensiv vorbereitet. Ungefähr eine Stunde Pause haben wir zwischendurch, schnappen frische Luft, machen uns etwas zu essen und lockern uns.
Scrims gegen Teams aus der Pro League macht für uns den Großteil unserer Vorbereitung aus. Taktische Besprechungen führen wir im Vorfeld. Gerade in Europa haben wir gute Möglichkeiten, gegen viele starke Teams zu spielen.

eSports.com: Liegt das möglicherweise am Wohlstand in Europa?

Die USA hat es diesbezüglich meistens besser als Europa. Doch der Vorteil in Rainbow Six ist durch verschiedene nationale Ligen in Europa geprägt, wo man sich beweisen muss. Aber selbst wir haben uns das schon gefragt und haben darauf keine klare Antwort.

eSports.com: Trainiert ihr hauptsächlich online von zu Hause aus oder habt ihr vor den Finals im Bootcamp die Feinabstimmung gefunden?

korey: Wir hätten früher nach Japan gehen können, aber weil wir zuletzt noch in der French League aktiv waren, haben wir uns bewusst gegen ein Bootcamp entschieden. Wir hatten uns in der Vergangenheit immer zu viel Druck gemacht, was uns nicht gut getan hat.
Dementsprechend probieren wir es jetzt ohne Bootcamp, damit wir etwas lockerer reingehen. Wir trainieren viel von zu Hause aus, ich dementsprechend in Gotha. Giants Gaming hat in Malaga ein Gaming-Haus, wo wir uns normalerweise in vielen Bootcamps vorbereiten.

eSports.com: Warum hat dich Rainbow Six gefesselt? Was war dein erster Kontakt mit dem Spiel?

korey: Das war Zufall, ich hatte mit Dota 2 angefangen. Doch beim Stöbern im Steam-Shop war ich auf Rainbow Six gestoßen. Danach habe ich nicht mehr aufgehört. Der Mix aus Strategie und den MOBA-Elementen macht es so interessant. CS:GO war auch interessant für mich, doch ich hatte trotzdem mehr Spaß an Rainbow Six.

eSports.com: Wie kam es zu deiner Karriere?

korey: Zufall war auch hier im Spiel. 2017 habe ich mir einen Namen in der Challenger League gemacht – also in der 2. deutschen Liga. Mit dem Team myRevenge gelang der Aufstieg. Doch direkt danach kam eine kurze Pause für mich, weil ich mein Abitur beenden wollte und mich darauf konzentriert hatte.
Eigentlich hatte ich mich für den Studiengang Film und Regie in Potsdam beworben, war sogar in der weiteren Auswahl, doch ich habe mich wieder dem Spiel verschrieben und wurde Profi.

eSports.com: Giants Gaming ist seit August dein Arbeitgeber. Wie bist du zu der spanischen Organisation gekommen?

korey: Auf der DreamHack Valencia im Juli hatten wir gut gespielt und sind Zweiter geworden. Wir hatten mit dem Lineup von unserer ehemaligen Organisation LeStream Esport gespielt. Dann sprachen wir in Valencia mit den Verantwortlichen von Giants Gaming. Wir hatten ein gutes Gefühl dabei und durften auch unseren Coach und Manager mitnehmen. Das war uns sehr wichtig.

eSports.com: Spielt auch körperliche Fitness eine Rolle in eurer Profi-Karriere?

korey: In Rainbow Six ist es diesbezüglich noch nicht so weit wie in anderen Bereichen. Aber in unserem Team kümmert man sich um sich selbst und sorgt dafür, dass die optimale Leistung herausspringt.

eSports.com: Gibt es bei dir eine gewissen Routine vor den Spielen?

korey: Eine Banane esse ich regelmäßig, das ist so gesehen mein Ritual vor jedem Spiel. Im Bootcamp in Schweden war das super gelaufen und deswegen bin ich dabei geblieben. Seit einem halben Jahr rege ich die Konzentration zudem mit Kaugummi-Kauen an. Vermutlich ist es Kopfsache, doch es hält mich ruhig.

eSports.com: Mit Maurice “AceeZ” Erkelenz hast du einen deutschen Teamkollegen sowie zwei Franzosen und einen Belgier. Kommuniziert ihr hauptsächlich auf englisch oder geht es sprachlich gesehen auch mal ins Nachbarland?
korey: Selten kommen mal deutsche oder französische Wörter durch, englisch sprechen wir aber natürlich hauptsächlich. Vor allem die schnelle Kommunikation ist uns wichtig. Uns wurde in Frankreich zwar von französischen Fans “vorgeworfen”, dass wir kein französisch sprechen. Zumindest gab es wenig Verständnis. Aber für uns und unsere Mitspieler ist auf englischer Basis alles gut.

eSports.com: Preisgelder sind schwankend in Rainbow Six. Bei den Pro League Finals werden über 600.000 US-Dollar vergeben. Ist der große Unterschied von Preisgeldern problematisch?

korey: In Rainbow Six ist das kein großes Problem, in Dota 2 beispielsweise schon deutlich mehr. Vor allem die großen Events bringen uns die Highlights. Aber ich muss sagen, dass mir das Geld nichts ausmacht. Ich will mir und allen beweisen, dass harte Arbeit belohnt wird. Geld ist nur ein Bonus, einen Titel hingegen verliert man nicht so schnell.

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Bildquelle: Rainbow Six Esports Brasil
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