Der Untergang von Overwatch – dieses Mal wirklich

Bist du ein Overwatch-Fan? Dann gehörst du zu den letzten Überlebenden eines stetigen Niedergangs im Laufe der letzten Jahre. Mit den jüngsten Nachrichten zum Overwatch-Esport hat sich die Abwärtsbahn nun gar in einen geradlinigen Sprung von einer steilen Klippe verwandelt.

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Video: 5 Fakten über Blizzard

Bei Release noch auf Hauptbühne

Wir stellen uns vor, wir könnten in das Jahr 2016 zurückreisen – Zurück in eine Zeit, in der Overwatch gerade veröffentlicht und zum hellsten Stern am Esport-Himmel wurde. Millionen von Spielern meldeten sich für das neue Blizzard-Spiel an, das der Nachfolger von Team Fortress 2 werden sollte.

In den frühen Tagen von Overwatch schien alles perfekt zusammenzupassen: Eine neue Interpretation des Genres und eine abwechslungsreiche Besetzung interessanter Charaktere. Schaut man auf die Geschichte Blizzards, war es keine Überraschung, dass so viele Spieler schnell auf den Hype-Train aufsprangen.

Als etwa ein halbes Jahr nach Veröffentlichung erste Gespräche über eine Overwatch League auftauchten, schien es fast schon selbstverständlich und wie ein natürlicher Vorgang, dass Overwatch neben den bereits etablierten zum nächsten großen Esport-Titel werden könnte.

Böses Erwachen

Eine Franchise-Liga, die auf Anhieb viele Millionen Dollar für Teamkäufe erfordert, hätte eigentlich Alarm schlagen müssen. Aber Spieler, Fans und Investoren waren fest davon überzeugt, dass Blizzard nichts falsch machen kann. So holte der Esport-Titel mit seinem Hype sogar Investoren und auch sonst viele andere Menschen dazu, die zuvor nie Teil der Esport-Welt waren.

Während die erste Saison der Overwatch League sogar in Ordnung lief, war sie trotzdem weit entfernt von der bahnbrechenden Turnierserie, die Blizzard und viele Investoren, Spieler und Fans sich erhofft hatten. Umso schwerer fiel es, die mehreren hundert Millionen Dollar, die in das Projekt geflossen sind, zu rechtfertigen.

Auch das Spiel selbst begann unter dem Druck der Erwartungen zu bröckeln. Die Entwickler konnten kein vernünftiges Balancing ihrer Meta hinlegen, egal wie sehr sie sich bemühten. Zumal immer mehr Helden hinzugefügt wurden oder bereits bestehende Helden massive Reworks erhielten.

Die GOATS-Meta markierte 2018 den Tiefpunkt der Spielbalance, nachdem Mercy die Spieler bereits zuvor terrorisiert hatte. Die Größe der Spielerbasis entfernte sich weiter und weiter von den Höchstständen nach der Veröffentlichung.

Ankündigung von Overwatch 2 nicht gerade bejubelt

Um dem Negativ-Trend entgegenzuwirken, kündigte Blizzard auf der BlizzCon 2019 Overwatch 2 an. Doch die Reaktionen der Fans zeugten mehr von Nachdenklichkeit als von Begeisterung. Bei näherer Betrachtung sah die Fortsetzung lediglich aus wie ein Erweiterungspack. Während Blizzard versprochen hat, dass alle Overwatch-Spieler Zugang zu den neuen Inhalten erhalten (neben der exklusiven Singleplayer-Kampagne), bedeutete die Ankündigung gleichzeitig aber das Ende der regelmäßigen Updates für Overwatch.

Es war eine verheerende Entwicklung für eine Community, die sich an drei neue Helden pro Jahr und alle paar Monate auch an neue Maps gewöhnt hat. Die letzten Neuzugänge waren Echo, die einzige Heldenveröffentlichung von 2020, und Kanezaka im Januar – eine reine Deathmatch-Map.

COVID-19 und VALORANT

Die wenigen und dürftigen Inhaltsupdates des Jahres 2020 waren mit zwei großen und verheerenden Entwicklungen für Overwatch verbunden: COVID-19 und VALORANT.

Sprechen wir zuerst über die Pandemie. Overwatch kämpfte massiv, um seinen Wettbewerbskreislauf am Laufen zu halten. Die OWL meldete sich für ein paar Wochen ab und kehrte dann nur in einem veränderten Format zurück, das die Homestand-Events, die die OWL auszeichneten, nie ganz ersetzen konnte.

VALORANT’s Beta-Phase und der Release kamen dann zeitlich gerade perfekt, um die Situation in Overwatch noch schlimmer zu machen.

VALORANT ist der 2016er-Version von Overwatch ziemlich ähnlich. Das Spiel eroberte schnell die Twitch-Trends und baute in Rekordzeit eine riesige Spielerschaft auf. Für viele Overwatch-Spieler wurde die Versuchung, auf ein neues und lebendigeres Spiel umzusteigen, unwiderstehlich. Selbst die Besten des Spiels wie Jay „sinatraa“ Won ließen Overwatch fallen, um in der anderen Disziplin erfolgreicher zu sein.

Rückläufige Zuschauerzahlen

Umso weniger überraschend ist es, dass das Jahr 2020 einen starken Rückgang der Zuschauerzahlen für die Overwatch League mit sich brachte. Laut esportscharts zeigte das große Finale der dritten Staffel eine schockierende Bestätigung des Abwärtstrends der Zuschauerzahlen seit der ersten Saison. Das Turnier hatte 2018 noch 349.000 Zuschauer, die London Spitfire bei ihrem Sieg anfeuerten. Aber für den zweiten Titel von San Francisco Shock im Jahr 2020 machten sich dann nur noch 183.000 Fans die Mühe, in den Stream zu schalten.

All das bringt uns zum aktuellen Stand von Overwatch im Jahr 2021. Ein Spiel, das ohne nennenswerte Updates und einer schwindenden Spielerbasis in der Luft zu schweben scheint. Aber es wird noch schlimmer, da die Profiszene auch von den Auswirkungen des anhaltenden Sexismus-Skandals bei Activision Blizzard gehemmt wird. Seitdem dieser bekannt wurde, ziehen sich immer mehr Sponsoren aus der OWL zurück.

Für die OWL droht sogar noch mehr finanzieller Schaden, da die kartellrechtliche Untersuchung des US-Justizministeriums noch andauert und möglicherweise verheerende Folgen hat.

Aber was ist mit Overwatch 2?

Wenn es Blizzard gelingt, ein phänomenales Spiel auf den Markt zu bringen, könnten sie das angeschlagene Franchise möglicherweise retten. Doch das sieht sehr unwahrscheinlich aus. Das lässt vor allem Jeff Kaplans Ausstieg von Blizzard Anfang des Jahres im April vermuten. Mit dem Produkt kann grundsätzlich etwas nicht stimmen, wenn der Game Director noch geht, bevor sein Produkt überhaupt veröffentlicht wird.

Berichte über eine Verschiebung von Overwatch 2 auf 2023 bestätigen diesen Eindruck nur. Overwatch 2 ist in die Entwicklungshölle eingetreten. Kann Overwatch bis dahin überleben?

Das Interesse der Spieler war noch nie so niedrig wie jetzt und es gibt keine Anzeichen dafür, dass in naher Zukunft neue Inhalte kommen werden. Der viel gepriesenen Esport-Szene steht das Wasser bis zum Hals, wenn sie weiterhin Academy-Teams, On-Air-Talente und mehr freigibt, um Kosten zu senken.

Wenig überraschend lösten die Gerüchte über die Verzögerung von Overwatch 2 sofort Spekulationen über die Zukunft der OWL aus, die sich der Vizepräsident der Liga verpflichtet sah, auf Twitter zu bestreiten.

Wenn Activision Blizzard den Hype des Starts im Jahr 2016 nicht irgendwie reproduzieren kann, gibt es für Overwatch keine Hoffnung mehr. Angesichts der jüngsten Erfolgsbilanz von Blizzard erscheint das immer wahrscheinlicher.

So wie es jetzt aussieht, dient Overwatch als warnendes Beispiel dafür, wie verheerendes Management ein Franchise töten kann, das alle Grundlagen für den Erfolg hatte. Overwatch geht unter, diesmal für immer.

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Bildquellen: Matt Botsford via Unsplash/Blizzard
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